Nachtnotizen eines naiven Naturphilosophen
1.
Wenn ich nachts zu den Sternen blicke, überkommt mich ein
Gefühl der Einsamkeit und des Ausgeliefertseins an ein dunkles,
kaltes und herzloses Universum.
... und nur in zweiter Linie, bei den
großen Sternbildern, eines von Nichtigkeit und Spottwenigkeit.
Noch weniger beeindrucken mich die einzelnen Sterne, diese
winzigen weißlichen Punkte, die da oben in undefinierter
Entfernung weit verstreut herumhängen.
2.
Mein Universum ist 3-dimensional und ziemlich leer.
Es ist sehr groß (im Vergleich zu mir) und scheint sich
immer weiter auszudehnen, und wahrscheinlich kommt das
von dem großen Knall am Anfang, der massenweise Materie
ins All geschleudert hat.
Seither sind ungefähr 1.3*10**10 Jahre vergangen.
Solange hat die Evolution (des Universums und der Biologie)
gebraucht, um mich und meine Biomoleküle hervorzubringen.
Andere SORS in anderen Teilen des
Universums könnten eher entstanden sein als ich, doch sie haben
sich bisher nicht mit mir in Verbindung gesetzt.
Viel dunkle (kaum wahrnehmbare) Materie irrt im Weltall herum (hauptsächlich Neutrinos). Doch selbst die Summe aller Materie ist nichts verglichen mit seinen gewaltigen Ausmaßen, so dass es nur schwach gekrümmt ist.Das ist mir genau so gleichgültig wie die folgende Behauptung:
"The conjecture is that in a large ensemble of universes (a multiverse), most universes have very large values of the cosmological constant which render them uninhabitable; the value we observe is not the most probable one but is typical of that seen by the largest number of observers in the multiverse as a whole.
The anthropic prediction of cosmological parameters in multiverses is tied up in the murky unresolved debates of quantum cosmology which describe the ensemble. In quantum theory one typically has statistical ensembles of states serving as germs of ensembles of universes.
Note however, there are other explanations for the smallness of the cosmological constant than the anthropic principle. An exotic form of dark energy, a dynamical scalar field with properties controlled by an internal potential, could evolve in such a way as to adjust to give it a density comparable to the matter density today. Or perhaps a 'derivable' fundamental scale of physics exists, corresponding to a vacuum energy density which happens to be about the same as the current cosmic mean density.
One way or another, the intrinsic global cosmological parameters are intimately connected with the large ratios (or 'hierarchy problem') of fundamental (i.e. particle) physics; but the nature of the connection is still not clear."
3.
Es ist nacht. Es ist Winter. Es ist kalt. Es ist klar.
Ich stehe auf meiner gefrorenen Scholle und
blicke nach oben, fixiere ein Stück dunkle Fläche zwischen
den Sternen. Was ist 'dahinter', wie und wo ist das Ende der Welt?
Dahinter könnte alles mögliche sein, eine Betonwand zum Beispiel,
oder es könnte abrupt das reine Nichts beginnen, jedoch ebenso
die Fülle, wir werden es nie mit Sicherheit wissen.
Ins 'dahinter' können wir nur hypothetisch unsere Erfahrungen
(stetig oder fantasievoll, je nach Temperament) extrapolieren.
Wir können nur die Dinge sehen, die nicht weiter entfernt
sind, als das Licht seit Anfang der Zeit (des Bigbang) von
ihnen zu uns benötigt. Wir nehmen also das Universum nur bis zu
einem gewissen Rand wahr ('Ereignishorizont'), welcher nicht einmal
der Rand von Raum und Zeit ist. Über diesen Horizont hinaus können
wir astronomische Wahrheit nur extrapolieren.
Wir sind in der Rolle von Science Fiction Autoren oder
Zukunftsforschern, die sich bei ihren Visionen meist
an der bestehende Technik, an der bestehenden Erfahrungswelt
orientieren, diese bis auf geringe Modifikationen linear
extrapolieren, können also fragen nach endlicher/unendlicher
Ausdehnung unseres Universums, Existenz weiterer Universen
ähnlich dem unseren, raumzeitlich wo?
Die wahren Visionen orientieren sich nicht an der Realität. Doch wo sollen sie herkommen, da wir nur unsere Erfahrung haben?
4.
Unsere Gedanken sind schneller als Licht. In Gedanken können wir den Horizont hinter uns lassen, können uns VORSTELLEN, im einen Moment am einen und im nächsten am anderen Ende des Universums zu sein, wir können uns sogar Räume mit ganz anderen Eigenschaften vorstellen, die mit einer ganz anderen Art von Materie gefüllt sind.
5.
"Assume the universe is closed. Then it must be finite and
general relativity tells us that in such a finite universe, space
is bent around like the surface of a ball, so that there is no
outside to it in 3-dimensional space, and the question,
what's on the other side, makes no sense."
Es gibt möglicherweise ein 'außerhalb', es gibt möglicherweise
viele Raumzeiten (mit ganz anderen
Eigenschaften als unsere), die in Bigbangs (oder
auf ganz anderem Wege) entstanden sind. Dass wir durch
astronomische Beobachtungen nicht an sie herankommen, weil sie
außerhalb unseres Horizontes/Universums liegen, ändert nichts
an der prinzipiellen Möglichkeit.
A universe could be created in a laboratory, consistent with the
laws of physics. Traditionally, one would need the energy of several
galaxies, but inflation theory showed it is actually much easier to
create a universe. All one needs is one ounce and false vacuum. Once
false vacuum exists, the evolution of the universe is independent of
what came before. Physicist Roger Penrose once stated that one would
need negative energy to create a new universe, but Guth showed that it
could also be made by quantum tunneling.
The birth of a new universe also does not affect the old one. It would
take about 10-37 seconds to disconnect from its parent. However, all an
observer would see is the formation of a black hole, which would
disappear very quickly. Creating a new universe actually would be quite
dangerous since it would result in the release of energy similar to that
of a 500 kiloton explosion."
"The size of the entire
universe is at least 1023 times bigger than the size of the observable
universe. This ratio is roughly equal to the ratio of the size of the
observable universe to the planet Earth. The universe also exists among
countless other universes with various different laws of physics. A
fractal pattern exists in the multiverse system, which involves
universes inside vacuums that are inside other universes. Each pocket
universe created by inflation will appear flat to the observers within
it. Meanwhile, new universes will fill in the gaps created by older
ones, similar to Hoyle’s discredited steady-state theory. The big bang
of the universe is actually similar to cell division in biology, since
new universes are continuously formed. However, inflation always wipes
out the circumstances of the beginning of the particular universe.
6.
Es ist möglich, sogar wahrscheinlich, dass die Welt VIEL größer
ist als das , was wir von ihr wahrnehmen.
Wir wissen aber nicht, ob sich ihr Charakter in diesem
Außerhalb verändert.
Funken, Blähungen, Plosionen in einem fremden Kontinuum.
Sphären, die ineinander greifen. Immer wieder Blitze an den
Schnittstellen. Neue Welten in unterschiedlichen Aggregatzuständen.
Gasförmig, flüssig, fest und weitere bisher unbekannte,
geformt nach den Prinzipien der Statistik. Und
aus der EINEN Kraft, von der alle anderen sich ableiten,
stark und selbst bei extremen Temperaturen, durch den
Urknall hindurch, noch Festigkeit verleihend (die Festigkeit
des Kosmos); den Punkt definierend, und damit den
Raum. Sie ist der harte Kern der Dinge und auch der flüchtigsten
Elemente. Alles andere, von der Antimaterie über die Glühwürmchen
bis zur Musik, sind Konklusionen, Exkrete. Wichtig
erstens, weil sie unsere Welt ausmachen, und zweitens,
weil zur EINEN Kraft ihre Fähigkeit gehört, in den
unterschiedlichsten Erscheinungen sich zu manifestieren.
Daher bevorzuge ich einen RELATIVEN Substanzbegriff, wo weder
die Erscheinungen noch das (Raum)Kontinuum noch die Substanz
einen Gegensatz bezeichnen, sondern zueinander gehören.
Die Substanz als kompaktes, in ihrer
Bedeutung zur Reduktion, zum Punkt Hinstrebendes konstituiert das
Einzelne des Raumes. Dabei ist sie zugleich die Mittlerin
zwischen den uns bekannten Erscheinungen und jenem fremden
Kontinuum, von dem alles seinen Ausgang genommen hat.
Sicher kann auch dieses Kontinuum in einem noch umfassenderen
'ALL' seinen Halt haben, wie umgekehrt die bekannten Teilchen
in immer kleinere, elementarere sich auflösen - alle mit, wenn
wir die experimentellen Möglichkeiten hätten, festen, genau
bestimmbaren Qualitäten (Ladungen), so wie zum Beispiel die
Quarks nichts Allgemeines, Letztgültiges im Nirvana bezeichnen,
sondern auf der Gruppenstruktur der SU3
beruhen. Und vielleicht hat sogar die Möglichkeit einen präzise
bestimmbaren Sinn, dass sich das beliebig Kleine und das beliebig
Große irgendwo treffen und ineinander übergehen.
Das Kleine und das Große müssten
dazu eine gemeinsame, identische Qualität haben, auf
die sie sich reduzieren lassen: die Substanz eben.
Ich glaube also nicht, dass aufgrund momentan fehlender
experimenteller Informationen oder der Möglichkeit des
Zufalls oder nur, weil es dort keine Beobachter gibt, jedenfalls
keine uns bekannten, die Frage, was (zeitlich und räumlich)
jenseits unseres Universums ist, keinen Sinn hat. Es wird dort
Urfelder geben mit einer Urdistinktion (Ladung), die sie von sich
selber unterscheidet und der EINEN Kraft aussetzt.
Je nachdem, wie die Plosionen und/oder Konzentrationsprozesse
verlaufen, entstehen daraus die Qualitäten unserer realen Welt.
Das heißt: der statistisch zufällige Verlauf der Plosion und
Einbettung bestimmt die bekannten Naturgesetze (der
Gravitation, starken und elektroschwachen
Wechselwirkung). Man könnte sagen, dass durch den dahinter liegenden Vorgang,
wieimmer er im Detail aussehen mag, Schnitte in ein
rundes, qualitätsloses Ganzes gemacht wird. Und einer dieser
Schnitte und die spezielle Art, wie Substanz und Raum
ineinander verschränkt sind, definieren unsere Welt.
Dass dies einer sein muss, in dem die Naturgesetze so beschaffen sind,
dass sich intelligentes Leben entwickeln kann (anthropisches
Prinzip), ist keine starke Einschränkung.
Es ist möglich, sogar wahrscheinlich,
dass jenes 'Draußen', von dem wir nicht unmittelbar Kenntnis
haben, reich an unbekannten Phänomenen ist,
Holmes: Aber dem Mathematiker erlaubst du auch, rein
imaginäre Räume zu konstruieren.
Watson: Dem Mathematiker ja, doch der erhebt keinen Anspruch
auf Wahrheit, seine Arbeit ist nicht WIRKLICH bedeutsam, d.h.
nicht für die Wirklichkeit bedeutsam.
Holmes: Ist die Definition von i oder Wurzel2 nicht
bedeutsam? Ist die Form unseres Verstandes (und wie wir die Welt mit
ihm sehen) für irgend jemand bedeutsam außer für uns selbst?
Watson: Ich habe nichts gegen mathematische Konstruktionen.
Man sollte sie nur sauber von der Physik trennen.
Holmes: Sieh es als eine Art Mathematik, die wir treiben,
mit der vagen Hoffnung, über indirekte Effekte
eines Tages doch zu einer realen Erkenntnis zu kommen.
- dass diese Phänomene sich von den uns bekannten wesentlich
unterscheiden,
- dass sie an und für sich (aber nicht für uns) EXISTENTIELL
RELEVANTE Phänomene sind,
- die sich unserer Erkenntnis jedoch auf immer entziehen.
Watson: Wir können zwar über Galaxien und andere physikalisch zugängliche
Phänomene reflektieren, doch was 'vor' der
Zeit war und 'außerhalb' des Raumes ist, sind rein
spekulative (und wahrscheinlich falsch gestellte) Fragen. Daher
weigere ich mich, über diese Ideen nachzudenken.
7. Die Standard Spekulation
Unsere Raumzeit ist nur eine von vielen, die in einer namenlosen, unspezifizierten Unendlichkeit (oder im Nichts) sich tummeln und mit diesem zusammen das 'Multiversum' bilden. Sie können die unterschiedlichsten physikalischen Eigenschaften haben, abgeschlossen sein oder an den Rändern ausfransen und dort mit den anderen interferieren ...
... SO DASS GERADE AN IHREN RAENDERN MIT ABWEICHUNGEN VON DEN IM INNERN HERRSCHENDEN GESETZEN ZU RECHNEN IST. INFORMATIONEN UEBER SOLCHE ABWEICHUNGEN, DIE ASTRONOMEN VON DEN RAENDERN UNSERER RAUMZEIT SAMMELN, KOENNEN ALSO HINWEISE AUF DEN WAHRHEITSGEHALT DIESER SPEKULATION GEBEN, EBENSO WIE SUPERSCHWACHE EFFEKTE IN DER TEILCHENPHYSIK.
8.
Im Multiversum können wir uns die einzelnen Raumzeiten als 'Fasern' vorstellen, welche sich 'über' den Bigbangs gebildet haben. Die Bigbangs sind Punkte im übergeordneten Multiversum und zugleich die Keime der Raumzeiten.
Figur 1: Raumzeiten entstehen in diesem Bild
wie die Blasen durch die Spur eines
energiereichen 'Teilchens' in einer Blasenkammer, oder wie ein
Blitzeinschlag. Man kann sich sogar vorstellen,
diese Kammer steht in einem viel größeren All und
eine fremde Lebensform beobachtet die Entstehung der
Blitze und Blasen.
weiße Linie = energiereicher Impuls, das auslösende Moment
der Bigbangs
rote Punkte auf der weißen Blitzeinschlagsbahn = Bigbangs
verschiedene Farben = Raumzeiten verschiedenen Typs (unterschiedliche
Dimension und Naturgesetze)
hellblau = die sie umgebende Mannigfaltigkeit ('Blasenkammer' = das
Multiversum) , von der wir nichts wissen können.
Ob die Raumzeiten in die Kammer eingebettet sind oder
als Fasern mit eigenen Freiheitsgraden
an den roten Punkten hängen, ist ungewiss
schwarz = wovon wir garantiert nichts wissen
Watson: Die Zukunft, in der wir jene Patches sehen werden,
ist vom praktischen Standpunkt unendlich weit entfernt.
Wir, und alle unsere Nachkommen, werden sie nicht erleben.
Holmes: Es gibt indirekte Effekte, die sich
wahrnehmen lassen, entweder an den Rändern unseres Kosmos oder
bei sehr kleinen Abständen, das heißt in superschwachen Effekten
der Teilchenphysik.
"What do we know about the possibility of a multiverse?
Nothing. All we can ever have direct knowledge about lies within our
visible horizon, which encompasses a portion of the space that
was produced at the big bang. Our particular universe can be
defined as all the matter and energy that came out of the big
bang which we see in our past. According
to inflationary
cosmology, our universe emerged from a patch of quantum instability
in a larger ... something ... - There could be other patches(=universes).
These could be strikingly different kinds of space and matter than
what we see around us, but in the distant future, our expanding
horizon will eventually reach them, so that we might be able
to see them."
Wenn, wie du sagst, die anderen Universen
eine völlig andere Raumzeit- und Materie-struktur
haben, werden sie niemals in direkten physikalischen Kontakt mit
unserem Universum treten, auch nicht nach unendlich langer
Zeit. Sie liegen im wahrsten Sinne auf der anderen Seite von
Ewigkeit und Unendlichkeit.
9. Parallelwelten
"What can one say about parallel universes?
Absolutely nothing. Since there is no way to prove they exist,
they are pure mathematical speculation outside what science can
tell us by observation and experiment. There is no
technical, reputable literature on such things."
Wenn wir die Möglichkeit weiterer und andersartiger Raumzeiten ins Auge fassen, müssen wir folgende Fälle unterscheiden:
10.
Watson: Wenn ich dir folge und also verschiedene Universen
existieren, die womöglich
als statistische Ensembles entstanden sind, ist es kaum
vorstellbar, dass die speziellen Gesetze, die in unserem
eigenen herrschen, eine besondere und aus höheren
Prinzipien herzuleitende Form haben, der Wert der
Lichtgeschwindigkeit etwa wäre nicht tiefer erklärbar,
außer durch das 'ANTHROPISCHE PRINZIP':
"We will ultimately find that
the constants of nature are what
they are out of an infinite number of possibilities, because only
these lead to us to a lifeform who can ask the questions in the
first place. Of all the equations we create to describe the
universe, ultimately we have to fix the 'boundary conditions' and
we are in essence a part of those boundary conditions for this
specific universe."
Ich zweifle an diesem populären Argument. Es gibt wahrscheinlich GANZ ANDERE intelligente Lebensformen, denen es überhaupt nichts ausmacht, in einer noch so bizarren Raumzeit zu existieren. - Die Frage ist doch, welche Art von Räumen im Multiversum entstehen und existieren können. Es ist evident, dass die Struktur dieser Räume nicht zufällig und beliebig ist, sondern sich aus der 'Physik' des Multiversums ergibt. Zumindest könnte einer, der diese Physik kennt, die Beliebigkeit einschränken (in statistischen Ensembles von Raumzeiten wären dies Einschränkungen an die Mittelwerte), so dass auch die Naturkonstanten unserer eigenen Raumzeit alles andere als beliebig und zufällig sind.
11. UEBER ALLEM STEHT GOTT
Vor lauter Redseligkeit und wohlfeilen
Spekulationen haben wir die Frage, wie es am
äußersten Rand von ALLEM aussehen könnte, nur verschoben,
die Frage nämlich, gibt es eine echte Grenze, ein WAHRES
Unendlich, und wie sieht es aus?
Könnten sich, zum Beispiel, die Grenzen des großen und
kleinen berühren?
12. Die kleinsten Bauteile der Welt
Die Welt besteht aus ziemlich kleinen Bausteinen, das ist
bekannt. Nicht bekannt ist, ob sie
i)die kleinsten sind, ob es
ii)kleinere und darunter sogar
iii)kleinste Bausteine gibt oder
iv)alles im Nirwana eines großen Urgeklingels verschwindet.
Selbst wenn man iii für wahr annimmt, ist es eher unwahrscheinlich,
dass Menschen sie je 'wahrnehmen' werden, da
es keine theoretische Grenze für ihre Kleinheit gibt.
Selbst die Planckskala 10**(-35) cm
definiert keine prinzipielle Grenze.
Man wird sich zu kleineren Strukturen vortasten, aber nie sicher sein, ob diese die kleinsten sind. Hierin liegt notwendig eine Beschränktheit des Wissens, die jener bei großen Abständen korrespondiert.
Figur 3: Unser Wissen von der Welt in Abhängigkeit vom Abstand.
Bei mittleren Abständen (von der Größenordnung 1 Meter) ist
es am größten. Die sehr
kleinen (teilchenphysikalischen) und sehr großen (kosmologischen)
Abstände sind für unsere Erfahrungsrealität ohne Belang.
13.
WATSON: Das letztlich FUER UNS tragfähige Fundament der Materie
ist ihre makroskopische Form, die Form, die wir kennen.
Wir wissen, dass sich das Leben ebenso in die unendlichen
Weiten des Raumes wie in die Engen der Atomwelt verliert,
aber dazwischen behandeln wir eine Schicht von Gebilden
und Vorstellungen als die Dinge der Welt, ohne uns im geringsten
von der Subjektivität dieser Eindrücke anfechten zu lassen.
Ein solches Verhalten liegt beträchtlich unter der Höhe
unseres Verstandes, aber gerade das beweist, wie stark der
Instinkt daran teilhat. Und in der Tat, die wichtigsten
geistigen Vorkehrungen des Menschen dienen der Erhaltung
eines befriedeten Gemütszustandes, und alle Gefühle,
alle Leidenschaften der Welt sind ein Nichts gegenüber
der ungeheuren wenn auch unbewussten Anstrengung, welche
wir unternehmen, um unsere Gemütsruhe gegen unsere
Intelligenz zu verteidigen.
Diese Verblendung erweist sich bei genauerem Hinsehen
als ein äußerst künstlicher Bewusstseinszustand,
der dem Menschen erlaubt, über dem Abgrund und im
Bewusstsein der ungeheuerlichsten Greuel die Hand ans
Zaumzeug zu legen und mit einem 'Hoppla jetzt
komm ich' sein Scheffelchen einzufahren.
Ganze soziale Systeme bedienen sich ähnlicher
Praktiken, um ihr moralisches und intellektuelles
Gleichgewicht aufrechtzuerhalten. Sie entwerfen
Scheinwelten, psychologische Meisterwerke, mit denen
sie die Individuen wie in einem Netz auffangen
und mit denen sie sich zugleich selbst stabilisieren."
"Menschen sind eindrucksfähig. Unser Verstand wird durch
Glücksfälle oder Enttäuschungen wie von Nebel getrübt,
dessen Wirkung wir uns durchaus nicht widersetzen,
sondern bereitwillig annehmen, und die fatalen Urteile,
die wir auf dieser Basis fällen, umso vehementer verteidigen.
Denn wir sind keine Mathematiker und unsere Urteile
keine Theoreme, sondern vegetative Nervensysteme,
an denen das Gehirn wie ein Wurmfortsatz befestigt ist,
einzig zu dem Zweck, uns mit wertlosen Argumenten
unsere Illusionen zu erhalten.
Das Verstehen der absolut kleinsten und größten Strukturen hat wenig praktische Bedeutung, jedoch erhebliche Konsequenzen für unser Generalverständnis der Welt, weil wir nicht sicher sein können, ob ihr Charakter auf der nächsten Stufe von Kleinheit/Größe sich völlig verändert (weil die Art und Weise, wie kleine Formen größere bestimmen, nicht eindeutig ist). Es ist denkbar, sogar wahrscheinlich, dass die kleinsten Bauteile der Materie sich von Elektronen und Quarks wesentlich unterscheiden.
14.
Ein 'kleinster Baustein' muss bestimmte allgemeine Bedingungen
erfüllen. Er muss zum Beispiel unteilbar
sein (einfach als Folge der Definition seines Begriffs).
Wenn sie hingegen eine Ausdehnung haben,
sind sie nicht im reinen Sinn fundamental (weil man fragen kann:
was ist darin? Z.B. eine tiefe, ursprüngliche Substanz?)
Wir stocken bereits bei der erkenntnistheoretischen Frage, ob die
kleinsten Teilchen im reinen Sinn punktförmig sein können
(dem entspricht bei großen Abständen das Problem,
ob es im reinen Sinn ein Unendlich geben kann.
Denn Punktförmigkeit und Unendlichkeit sind mathematische Grenzwerte und
der Natur an sich fremd.
15. Was ist fundamental?
Die heutige Welt ist so angefüllt mit menschlichen Taten und Ideen, dass das reine Kopieren derselben für einen scheinbar dynamischen Fortschritt und Wohlstand völlig ausreicht. Das gilt auch für die Wissenschaft.
Von einer höheren Warte sind die sog 'fundamentalen' Kopplungen gar keine fundamentalen Parameter. Damit verlieren die Erkenntnisse der Chemie und schon gar Biologie an Gewicht, sind höchstens im humanozentrischen Weltbild von Bedeutung. Was besagt es denn schon, dass und inwieweit sich die Gene des Lebens auf der Erde allesamt ziemlich gleichen? Doch nur, dass sich auf diesem einen Planten im wesentlichen ein einziger Bauplan durchgesetzt hat. So what? Der Kosmos ist groß und hat Platz für viele Wahrheiten.
... zum Beispiel der Plancksche Abstand R_P=hquer/c/M_P=1.61*10**35
meter (mit M_P**2=hquer*c/N=2.18*10**8 kg) als fundamentale
Längeneinheit.
Die durch E=hquer*c/R gegebene Beziehung zwischen Energie E und
Abstand R ist bei sehr kleinen und/oder sehr großen Abständen gestört,
also E=hquer*c/R/n(R) mit einer Dispersion n!=1, über die wir
bis heute nichts wissen. Eine Möglichkeit für kleine
Abstände ist n(R)=exp(0.5*R_P**2/R**2). Damit entfällt R_P als
untere Grenze mikroskopischer Abstände, die 'kleinsten
Bausteine' könnten sich beliebig nahe kommen.
Neben c, hquer und N gibt es die Kopplungskonstanten der
Teilchenphysik, die Boltzmannsche und die kosmologische Konstante
und die mittlere kosmische Dichte und Ausdehnung. All diese
Größen sind zweifellos abgeleitet, bloße
phänomenologische Konsequenz viel fundamentalerer
Zusammenhänge. ... und sind auch keine
Konstanten, sondern zeitlich oder sonstwie variabel,
verlieren besonders zum Rand des Universums an Bedeutung.
Den Observablen (Länge, Zeit, Stromstärke etc) dürfte es
ähnlich ergehen, auch sie wandelbar und zusammengesetzt.
Die fundamentalen Größen unseres Universums sind die
Lichtgeschwindigkeit c=3.00*10**8 m/s, die Plancksche
hquer=1.054*10**(-34)*kg*m**2/s und die Newtonsche Konstante
N=6.67*10**(-11)*m**3/kg/s**2. Mit Hilfe dieser drei Größen
lassen sich offenbar unsere Einheiten für Zeit, Länge und
Masse (=c**2*Energie) festlegen.
16. Eine beliebte Spekulation über die Welt im Kleinen
Die Welt ist im Kleinsten ein Gitter; aber nicht in einer
trivialen Weise, dass Gitterachsen als räumliche Richtungen
ausgezeichnet wären, sondern so, dass aufgrund der extrem kleinen
Gitterabstände unsere Wahrnehmungsrealität
zu einem drehsymmetrischen Kontinuum ausgeschmiert ist. Auf den
Gitterpunkten sitzen die punktförmigen (oder
nicht ganz punktförmigen) kleinsten Bausteine der Materie und
fügen sich in einer noch
zu spezifizierenden Weise zu den
bekannten Teilchen (Elektronen usw) zusammen.
Es wären dann alle Längen und Zeiten Vielfache
der Gitterlängen, und alle Ladungen Vielfache der
Elementarladungen dieser kleinsten Teilchen.
Frage: Warum sind die beobachteten Massen nicht
Vielfache einer elementaren Masse (d.h. der Punktmassen
an den Gitterpunkten)?
Antwort: Massen werden durch Bindungsenergien festgelegt.
Das inflationäre Universum:
"Shortly after the bigbang there was an
'inflationary' episode driven by a new hidden field
related to the Higgs Field or a second cousin to it. This field,
like a coiled spring, was released very suddenly in a stupendous
explosion of energy when the gravitational field of the universe
'fluctuated' to a critical state where some type of phase change
occurred in the underlying physics."
Das inflationäre Modell löst mehrere Konsistenzprobleme
der Urknalltheorie:
a) Das Feintuning von Anfangsparametern ist nicht erforderlich.
b) Durch die Inflation wird die extreme Gravitationskraft kompensiert,
die im Moment des Bigbang herrscht.
Jedoch wissen wir nicht sehr viel über die Details des
inflationären Prozesses. Alles, was
wir wissen, ist, das Universum hat sich seit ungefähr 10**(-34) s
nach dem Urknall stetig ausgedehnt. Wir haben aber keine
Mittel oder Daten, um herauszufinden, was davor geschah.
Neutrinos wechselwirken weder stark noch elektromagnetisch. Sie sind ein beinahe-Beispiel für Parallele Materie, da sie so schwach mit der normalen Materie wechselwirken (obwohl uns beständig Millionen von ihnen durchdringen), dass sie bis etwa 1950 für die Wissenschaft nicht nachweisbar waren.
Zeit und Länge sind via R=c*T verknüpft.
Auf diese Weise entspricht der räumliche Gitterabstand
einem zeitlichen.
Frage: Wie ist ein zeitliches Gitter zu verstehen?
Antwort: Gitterabstand als Dauer eines Elementarprozesses;
lässt sich auch als kleinstes Quant für
die Entropieerhöhung des Universums durch diesen
Elementarprozess deuten.
Was geschah 'vor' dem Bigbang?
Der konservative Standpunkt
strapaziert die Effekte der Quantentheorie (ich meine, er
überdehnt sie) und behauptet:
a) Sehr nah am Urknall verliert der Begriff der Zeit seinen Sinn
(Aufgabe des Kausalitätsprinzips).
b) Materie kann aus dem Nichts erzeugt werden (durch Paarerzeugung;
Aufgabe des Energieerhaltungsprinzips),
um zu folgern, dass man sich mit besagter Frage nicht
weiter beschäftigen muss.
"Was ist los, Holmes?"
"Schau nach oben, Watson, was siehst du da?"
"Ich sehe Millionen Sterne am nachtschwarzen Himmel."
"Und was schließt du daraus?"
"Wir sind kleine, unbedeutende Geschöpfe in einem gigantischen Universum,
die ..."
"Watson, du Schaf, jemand hat uns das Zelt geklaut."
© Copyright:
B. Lampe, 2002
Zur
Philosophieseite allgemein/besonders Erkenntnistheorie
Ein Dialogbeitrag über
Ästhetik
Eine neue Idee zur Substruktur
der Materie
Ein kritischer Beitrag über
die Produktionsweise der Wissenschaft, bes. d. theoretischen Physik
elektronischer Briefwechsel
mit K.J.Abraham über Grundlagen-Probleme der Naturwissenschaften
e-mail an: Lampe.Bodo@web.de