Winners and Losers oder der Hauptgewinn
Karin hat den ganzen Tag an nichts anderes gedacht.
Eben hat sie sich ein rotes Kostuem angezogen.
Der Rock ist kurz und figurbetont, die Jacke weit.
Karin ist Hausfrau.
Manchmal wuerde sie gern wieder arbeiten.
Udo sagt: "Wir haben das nicht noetig."
Karin ist eine dunkelhaarige Endzwanzigerin und ein
Vollweib.
Jeder wuerde sie gern schwaengern.
Aber Karin will keine Kinder.
Sie hasst die kleinen Monster, die nichts als Arbeit
machen und
die Wohnung verdrecken.
Ihr Udo ist Mitte 30.
Er hat es bis ins mittlere Management seiner Bank
gebracht.
Er verdient gut.
Kuerzlich hat er eine kleine Villa am Ammersee gekauft.
Er hofft, bis Ende 30 den Sprung in die obere Etage
zu schaffen.
Dann wird er sich eine groessere Villa zulegen.
In der Diskothek ist das Paar mit Juergen und Sieglinde
verabredet.
Sieglinde ist blond und kinderlieb und Juergen's Sekretaerin.
Juergen wechselt haeufig seine Freundinnen.
Er leitet die Finanzabteilung der Lotto GmbH, die
ihre
Verwaltungszentrale in den Stockwerken ueber dem 'Neupoeseldorf'
hat
und ist beruflich zwei Schritte weiter als Udo.
Das Haus ist ein modernes 4-stoeckiges Gebaeude mit
quadratischer
Grundflaeche und hellblau reflektierendem Glas, ein
grosser Wuerfel,
den sich die Lottogesellschaft als Kapitalanlage gebaut
hat.
Unten, in der klimatisierten Lounge, reihen sich ein
Dutzend
Fahrstuehle neben den Diskothekeneingang, durch den
Udo und Karin
soeben eintreten.
Juergen hat ein paar Kollegen dabei, die nach Feierabend
mit
heruntergekommen sind.
Die Maenner sitzen mit Sieglinde am Tresen.
Sie strahlen das Selbstbewusstsein von Macht und Einfluss
aus.
Nach dem Ruecktritt des alten Vorstandes haben sie
in der Lottozentrale
die Macht uebernommen.
Sie beziehen hohe Gehaelter und verwalten einen Schatz
von
mehreren hundert Millionen Mark.
Karin hat sich von Geld noch nie sonderlich beeindrucken
lassen.
Um so mehr von blauen Augen und breiten Schultern,
wie sie der
Vertriebschef vorzuweisen hat.
Nach einigen Drinks geraet sie mit ihm wie nebenbei
ins Gespraech.
Hinterher weiss sie gar nicht, worueber sie geredet
haben,
ist auch egal, Hauptsache der Mann bleibt in ihrer
Reichweite.
Karin tanzt mit ihm.
Er legt den Arm um sie.
Sie weiss nicht, wie er heisst.
Er hat so schoenes blondes Haar.
Sie weiss, dass sie mit ihm schlafen will.
Udo ist irritiert - so hat er sich den Abend nicht
vorgestellt.
Er redet mit Juergen ueber Aktien und Bilanzen.
Sein Freund hat viel Geld an der Boerse verloren und
moechte es
mit neuen Spekulationen wieder hereinholen.
Udo erklaert die neuesten Entwicklungen am Technologiemarkt.
Zwischendurch blickt er immer wieder zur Tanzflaeche.
Karin zieht sich die Jacke aus und legt sie zusammengefaltet
ueber
einen Barhocker.
Sie traegt ein enges weisses T-Shirt.
Man sieht, dass sich die Nippel ihrer Brustwarzen
aufgestellt haben.
Waehrend sie tanzen, betatscht sie der Vertriebsmanager.
Er drueckt seinen Kolben an ihren Unterleib.
Das gefaellt Karin.
Sie verliert den Verstand.
Er schlaegt vor, durch den Notausgang in die Tiefgarage
zu gehen,
wo sein Auto steht.
Karin wirft einen Blick zum Tresen, dann ist sie einverstanden.
Sie hat es schon lange nicht mehr im Auto gemacht.
Udo weiss nicht, wo Karin mit dem Kerl geblieben ist.
Auf der Tanzflaeche sieht man sie jedenfalls nicht
mehr.
Udo ist unruhig.
Am liebsten wuerde er dem Vertriebsmanager die Fresse
polieren.
Juergen tut so, als haette er nichts mitbekommen und
will sich weiter mit
ihm unterhalten.
Endlich sieht Udo Karin an der Tuer des Notausganges.
Vielleicht war sie nur auf dem Klo.
Ihren Verehrer hat sie anscheinend abgeschuettelt.
Udo beruhigt sich.
Nick und Mick sind Brueder.
Sie sind 21 und 17 und kommen aus einer buergerlichen
Familie.
Ihr Vater besitzt eine grosse Juwelierkette.
Sie waschen sich selten und lassen Bart und Haare
wachsen.
Ihre Eltern haben keine Kontrolle ueber sie.
Nick, der aelter und kraeftiger ist, fuehrt eine Strassengang
an.
Mick gehoert auch dazu.
Der schmaechtige Junge hat sich mit seiner Wildheit
den Respekt
der anderen verschafft.
Nick und Mick sind mit ihrer Bande unterwegs.
Sie sind zu fuenft, alles ausgebuffte kleine Verbrecher.
Sie machen abends gern die Gegend unsicher.
In ihrem Treff, einem ehemaligen Loewen-Fanclub, trinken
sie
sich Wut und Mut an.
In dem staubigen, oelverschmierten Raum liegen Autoersatzteile
herum.
Sie sitzen auf Holzkisten und lassen gerade die letzte
Flasche kreisen.
Es ist nicht genug Bier da, um ihre Aggressionen zu
ersaeufen.
Es ist heiss.
Die Gang zieht los.
Nick hat mit seinem Handy ein paar alte Bekannte angerufen.
An der Ecke haben sie sich getroffen.
Sie sind ein Dutzend junger Maenner, die unter den
Jacken
Baseballschlaeger versteckt halten, gepflegte lackierte
Pruegel,
mit denen sie einen von diesen Vergnuegungspalaesten
zu Bruch
schlagen wollen, die in den letzten Jahren wie Pilze
aus dem Boden
des Viertels geschossen sind.
Vor dem 'Neupoeseldorf' ziehen sie ihre Schlitzmuetzen
ueber.
Unter allen Besuchern der Diskothek ist Udo der einzige,
der sich den Schlaegern in den Weg stellt.
Voller Wut und Aggression stuerzt er sich auf den
schmaechtigsten der Angreifer und schlaegt auf seine
Maske ein.
Der Junge liegt schon am Boden, da stellt sich Nick
hinter
Udo auf und knueppelt ihn nieder.
Danach gibt es in der Diskothek kein Halten mehr.
Die weiblichen Gaeste kreischen, die maennlichen gehen
in Deckung.
Die Bande entfesselt eine wahre Gewaltorgie.
Egal ob per Fusstritt oder Faustschlag, es erwischt
jeden.
Es trifft die Maenner genau wie die Frauen.
Nick zerrt eine widerspenstige Blondine aus ihrem Versteck.
Es ist Sieglinde.
Gerade als er ihr ein paar verpassen will, zieht sie
ihm
geistesgegenwaertig die Muetze vom Gesicht.
Die beiden blicken sich sekundenlang an.
Dann laesst er von ihr ab.
Zum Schluss wird das Mobiliar demoliert.
Spiegel werden mit Stuhlbeinen und Flaschen beworfen
und
zerspringen in tausend Stuecke.
Baseballschlaeger kreisen.
Die Deckenlampen platzen mit lautem 'Plop'.
Es wird dunkel.
Die Notbeleuchtung spendet ein gruenes gespenstisches
Licht.
Juergen hat einen Schlag an die Schlaefe bekommen.
Er strauchelt und kriecht unter den Tresen.
Dort bleibt er ein paar Minuten liegen.
Dann schleicht er zur Besenkammer, die rechts von
der leeren Buehne
in einem Seitengang liegt.
Niemand achtet auf ihn.
Er oeffnet eine der Reinigerflaschen mit der Aufschrift
'feuergefaehrlich' und verteilt die Fluessigkeit ueber
die Putzlumpen.
Die Randalierer haben sich auf einen Ruf von Nick in
der Mitte des
Raumes versammelt und heben die Faeuste, zum Zeichen
des Sieges.
Dann machen sie sich davon, etwa 10 Minuten bevor
mit lauten Sirenen die
staatlichen Sicherheitsorgane eintreffen.
Einen Augenblick ist es still.
Der Raum ist wie leergefegt.
Dann schreit jemand: "Feuer!".
Zerrissene Gestalten taumeln unter den Tischen hervor.
Obwohl die Flammen schnell um sich greifen, wird Udo
rechtzeitig
herausgeschafft.
Schliesslich brennen auch die oberen Stockwerke, es
brennt das
ganze Haus.
Die Lottogesellschaft verliert die meisten ihrer Geschaeftsunterlagen.
Die Buchfuehrung verschmort auf den Festplatten der
teuren PC's.
Alle Lottoscheine des letzten Wochenendes gehen verloren.
So zieht Juergen, der sich am Jackpot vergriffen hat,
den Kopf
aus der Schlinge.
Der Staatsanwalt, der ihm auf den Fersen ist, kann
ihm nichts
mehr nachweisen.
"Ah, wenn die Rowdies gefasst werden!" sagt Juergen
zu Sieglinde,
"Die werden ihres Lebens nicht mehr froh."
Nick geht das Geld aus.
Er hat den Wagen seines Vaters zu Schrott gefahren.
Im Supermarkt haengt ein Zettel: "Erfahrener Bauarbeiter
fuer
Instandsetzungsarbeiten gesucht."
Am Telefon meldet sich Karin, die ihm sagt, er solle
abends vorbeikommen
und mit ihrem Mann die Konditionen aushandeln.
Die Bezahlung ist lausig, aber Udo ist einverstanden,
dass er erst um
11 Uhr vormittags anfaengt.
Das ist ideal fuer Nick, der gern lange schlaeft.
In der alten Villa gibt es reichlich zu tun, aber
Udo will keine
Baufirma beauftragen, das ist ihm zu teuer.
Udo ist ein Schnaeppchenjaeger.
Am ersten Tag macht Nick Besorgungen im Baumarkt.
Er laesst alles anschreiben.
Mit seiner 'Erfahrung' ist das so eine Sache.
Er hat die Maurerlehre nach einem Jahr aufgegeben.
Nicht nur die Maurerlehre - auch die Schule und eine
kaufmaennische Ausbildung hat er vorzeitig abgebrochen.
Als Nick am zweiten Tag zur Arbeit kommt, liegt Karin
im Bikini am Pool.
Sie beobachtet ihn, waehrend er das Material hereinschleppt
und das
Geruest aufstellt.
Er beobachtet sie, wenn sie ihn nicht beobachtet.
Als Nick am Samstag zur Arbeit kommt, begegnet ihm
Sieglinde,
die gerade Karin besucht hat, an der Haustuer.
Sieglinde sieht Nick an.
Sie laechelt.
Nick sieht Sieglinde an.
Sie gefaellt ihm genausogut wie Karin.
Er gefaellt ihr besser als Juergen.
Er fragt: "Koennen wir uns mal treffen?"
Sie ueberlegt.
Dann sagt sie: "Ja."
Er sagt: "Komm um 6 ins Cafe am Markt."
Nick weiss, dass Sieglinde ihn wiedererkannt hat.
Er glaubt nicht, dass sie ihn verpfeifen wird.
Nick laeutet und tritt durch die offene Tuer in den
kuehlen Hausflur.
Er sagt Hallo zu Karin.
Er denkt: "Wo nur Udo ist?"
Dann geht er um das Haus herum, um die kostbaren Teppiche
nicht zu
beflecken.
Udo gaehnt.
Er sitzt muede im Buero und blickt aus dem Fenster.
Dann zwingt er die Augen zurueck auf die Akten.
Der Vorstand verlangt von ihm jeden Montag morgen
einen ausfuehrlichen
Bericht ueber die Umsaetze seiner Abteilung.
Nick gaehnt.
Er ruehrt den Moertel an.
An der Rueckfront des Hauses soll der Putz ausgebessert
werden.
Er ist muede.
Halte Du mal bis 3 in der Disko die Stellung!
Er faengt bei den Schadstellen links unten an und
arbeitet sich
langsam nach rechts oben vor.
Wenn er die Putzrisse freilegt, staubt es gewaltig.
Vom Geruest aus hat er einen weiten Blick ueber den
See.
Ein kuehler Wind und weisse Schaefchenwolken, die
die Sonne oft
verdecken, machen das Arbeiten angenehm.
Er versteht die Leute nicht; immer nur "schaffe, schaffe,
Haeusle baue".
Statt das Leben zu geniessen!
Dieser Banker zum Beispiel.
Warum laesst der heute seine Frau allein?
Statt mit ihr auf der Terasse zu sitzen und Zeitung
zu lesen.
Karin ist einkaufen gewesen.
1, 2, 3, 4, 5 Paar Schuhe.
Was Udo wieder dazu sagen wird?
Nachmittags kommt sie mit zwei Flaschen Bier auf die
Veranda.
Karin sagt: "Mein Mann ist arbeiten gegangen.
Fuer ihn ist Sonnabend ein ganz normaler Arbeitstag.
Sie sind also nicht der einzige, der heute 'ran muss."
Sie steckt ihren Zeigefinger in den Mund, wie ein
kleines
Maedchen, das auf sein Eis wartet.
Nick holt sich das Bier.
Er denkt: "Oh je, ein Clausthaler!"
Er sieht Karin an.
Sein Hemd steht offen.
Sie wirft einen Blick auf die verschwitzte, von Muskeln
marmorierte
Brust.
Karin denkt: "Er ist so jung und unschuldig".
Und schmilzt.
Sie unterhalten sich ueber das schoene Wetter und die
Schwierigkeiten,
eine marode Villa in Schuss zu bringen.
Nick erzaehlt von einem Onkel, der ein aehnliches
Anwesen
nach einigen Jahren wieder verkaufen musste.
Karins Augen verirren sich in seinem langgelockten
Haar.
Wenn sie doch hineingreifen koennte!
Wehmuetig denkt sie: "ich bin ihm wahrscheinlich zu
alt".
Nick hat es in ihren Augen gesehen.
Er ueberlegt nicht lange.
Er stellt sein Bier ab und tritt naeher an sie heran.
Sie weicht ihm nicht aus.
Er legt seine staubigen Haende auf ihre Hueften.
Karin denkt: "Er wird mir das Kleid versauen."
Dann kuesst sie ihn.
Sie zieht ihn ins Haus.
Zwar laesst sich der Garten von rechts und links nicht
einsehen,
aber man kann ja nie wissen.
Nick streichelt Karin.
Sie lockt: "du bist ja ganz schmutzig, komm, wir wollen
dich
unter die Dusche stellen."
Im Bad entkleiden sie sich, einer den anderen.
Er greift nach ihrem Unterarm und zieht sie mit den
Worten "komm rein,
du bist auch ganz verschwitzt" unter die Brause.
Karin kreischt und kichert, das Wasser ist ihr zu
kalt.
Die beiden trocknen sich ab, einer den anderen.
Im Wohnzimmer streckt sich Karin nackt auf dem dickweichen
Berber aus.
Schnell ist Nick ueber ihr.
Dann erlebt sie einen Fick wie noch nie.
Nick kommt 3, 4 mal, in allen moeglichen Stellungen.
Er befleckt den kostbaren Teppich.
Spaeter sitzen sie rauchend auf dem Sofa und starren
mit leeren
Augen auf die Moya-Graphiken, die Udo kuerzlich ersteigert
hat.
Am Ende holt Nick seine staubigen Kleider aus dem Bad.
Karin erklaert wenig ueberzeugend: "Das darf nicht
wieder vorkommen".
Nick erwidert:"schon okay" und fragt sich, wie sie
heute die
Arbeitszeit abrechnen wird.
Es ist 17 Uhr 30.
Als er aus der Haustuer tritt, blickt er sich sichernd
nach allen
Seiten um.
Cave Gattem!
Zuhause legt er seine Lederkluft an.
Geduscht hat er ja schon.
Dann steigt er hurtig auf die alte Honda - man soll
die Frauen
nicht warten lassen - und ab gehts in die Altstadt.
Sieglinde weiss nicht, was sie anziehen soll.
Der rote Minirock ist zu aufreizend.
Schliesslich waehlt sie Bluejeans und eine helle Bluse.
Als Farbtupfer legt sie ein gelbes Haltuch um.
Sie fragt sich, was man mit so einem Proleten reden
kann.
Nick ist kein Prolet.
Nachdem er den Motorradhelm abgelegt hat, hoert er
aufmerksam zu, was
sie ueber ihre letzten Opernbesuche berichtet.
Sein Hormonhaushalt ist ausgeglichen.
Als er die Entstehungsgeschichte von 'La Traviata'
schildert, die
Sieglinde noch nicht kennt, wirkt er ganz vergeistigt.
Sie verliebt sich ein bisschen in ihn.
Waehrend er meditierend der niedergehenden Sonne nachblickt,
sinnt sie:
"Endlich ein Mann, dem Geld und Karriere nicht viel
bedeuten!"
Und etwas spaeter: "Endlich ein Mann, der eine Frau
nicht gleich
bedraengt."
Und schliesslich: "Vielleicht haette ich doch den
Minirock anziehen
sollen."
Nach einer Stunde hat Nick genug vom Suessholzraspeln.
Unruhig rutscht er auf der Biergartenbank hin und
her.
Er wirft die Haare nach hinten und schlaegt einen
'Ausritt' auf
seiner Honda vor.
Es sei so poetisch, der untergehenden Sonne, diesem
kadmiumroten
Feuerball, hinterherzufahren.
Das muesse jeder mal gemacht haben.
Bei diesem Sommerwetter sei Motorradfahren der reine
Genuss.
Sie fahren durch das uralte Stadttor, auf dessen mittelalterlicher
Fassage das Landeswappen prangt.
Schnell sind sie in den Feldern, zwischen denen breite
gerade
Strassen unter azurblauem Himmel verlaufen.
Nick kennt den richtigen Weg.
Er hat das schon ein paar Mal gemacht.
Es erregt die Frauen, wenn sie sich schwach und hilflos
an seinen Ruecken schmiegen.
Der Fahrtwind verweht seine ueppigen Locken vor Sieglindes
Nase.
Hinter einer Kurve kommen sie auf den Fluss zu, der
hier durch
die Wiesen maeandert.
Nick steuert zum Ufer hinab und laesst Sieglinde absteigen.
Dann bockt er die Maschine auf.
"Schoen ist es hier", sagt sie.
Die Sonne steht breit und blutrot ueber den Wiesen.
Weithinten bloeken Schafe; ein Hund bellt.
Nick legt seinen Arm um ihre Schultern.
Er kuesst sie sanft und streicht ihr ueber den Ruecken
und
den suessen Po.
Sie sinken ins Gras.
Mit geuebten Handgriffen - Sieglinde weiss nicht,
wie ihr
geschieht - zieht er ihr die Hose herunter.
Sie fuehlt sich ueberrumpelt, doch sie laesst es geschehen.
Schliesslich hat Juergen sie auch betrogen!
Nick's Hoden sind fast so leer wie sein Gehirn.
Er ist nicht der sparsame Typ, der mit seinen Kraeften
haushaltet.
Sein Schwengel ist noch feucht von Karin, haelt sich
aber ganz anstaendig.
Indes, man weiss nicht wie, schwaengert er Sieglinde
mit dem
letzten Samentropfen.
Gegen Karins Diaphragma hat sein Sekret nichts ausrichten
koennen.
Am Ende des Tages sind alle zufrieden, Karin, Nick
und Sieglinde.
Auch Udo ist zufrieden; er ist mit seinem Report fertiggeworden.
Nick arbeitet wochenlang in Udo's Villa.
Er voegelt Karin jeden Tag und immer nach dem gleichen
Schema: Morgens
die Arbeit und dann.
Schliesslich wird ihm der Job zu stumpfsinnig.
Mittendrin, als sich in der Wohnung Schutt und Steine
zu wuesten
Bergen tuermen, kuendigt er.
Udo ist stinksauer, aber er muss den Schwarzarbeiter
ziehen lassen.
Nun kommt er nicht umhin, eine Baufirma zu beauftragen.
Ein paar Tage spaeter ruft Nick bei Karin an.
Er will sich mit ihr treffen.
Doch Karin weist ihn ab, sie ist genauso aufgebracht
wie Udo.
Ausserdem ist ihr das Verhaeltnis zu riskant.
Sie hat genug von Nick.
Dem ist es recht.
Er trifft sich noch ein paarmal mit Sieglinde.
Da ihm nicht mehr nach Romantik ist, nimmt er sie
zu seinen Freunden mit.
Sieglinde ist schockiert und abgestossen und zwischen
Ekel und
Leidenschaft hin- und hergerissen.
Am Ende erkennt sie, dass Nick genauso beziehungsunfaehig
wie Juergen ist.
Eines Tages bekommt Udo von Nick einen Brief.
"Sehr geehrter Banker" heisst es darin.
Er, Nick, erwaege eine Selbstanzeige wegen Steuer-
und
Sozialabgaben-hinterziehung.
Nur eine nachtraegliche Erhoehung seines Salaers werde
ihn
davon abhalten.
Er fuehle sich von Udo ausgebeutet.
Seine Leistungen waeren viel mehr als 15 Mark pro
Stunde wert.
Gut, er habe die Ehefrau gehabt, aber das zaehle nicht,
da es
auf gegenseitigem Einvernehmen beruhte.
Ob sich Udo in seiner Position ein gerichtliches Verfahren
leisten koenne? steht in dem Brief.
Udo zahlt.
Sieglinde ist schwanger.
Sie will das Kind austragen.
Sie weiss nicht, ob es von Nick oder von Juergen ist.
Gleich nach der Geburt wendet sie sich ans Jugendamt.
Die sollen auch die Frage der Alimente klaeren.
Bei Nick ist nicht viel zu holen.
Ihm geht schon wieder das Geld aus.
Die 2000 Mark von Udo haben nur 3 Wochen vorgehalten.
Eines Tages, als der Druck der Glaeubiger nicht mehr
auszuhalten ist,
zieht er mit seinen Freunde los.
Sie fahren mit Dani's bejahrtem Daimler Richtung Autobahn.
Weithin lockt das Licht einer entlegenen Tankstelle.
Wie einsame Statuen stehen die Zapfsaeulen still auf
ihrem
Betonfundament.
Weit und breit ist niemand zu sehen - ausser einem
verbitterten Paechter,
der in hellem Neonschein an seiner Kasse kauert.
Daniel faehrt vor.
Nick, Mick und Detlev springen aus dem Wagen und laufen
in den
Laden hinein.
Sie zwingen den Tankwart mit einer Pistole, sein ganzes
Geld
herauszugeben.
Viel ist es nicht, ein paar Hunderter und ein bisschen
Kleingeld.
Was nuetzt dem armen Kerl die Alarmschaltung zur Polizei,
wenn es 12
Minuten dauert, bis der Streifenwagen eintrifft?
In der Zeit ist die Bande laengst ueber alle Berge!
Vorher, als sie mit quietschenden Reifen vom Tatort
fliehen, rammen
sie fast einen LKW voller Haehnchen, der auf dem Weg
zum Schlachthof ist.
Lautstark beschweren sich die Voegel.
Nick und seine Freunde rasen auf breiten Strassen der
benachbarten Grossstadt und ihrem Nachtleben entgegen.
Sie lachen und schreien durcheinander, mit vor Erregung
geroeteten
Gesichtern.
Mick zaehlt das Geld.
Detlev ruft: "Wir wollen ordentlich einen draufmachen."
Er war letztes Jahr in einem Nobelpuff am Neumarkt,
den er seinen
Freunden zeigen moechte.
Nick fragt sich: "Wird die Kohle reichen?"
und: "Ob die Nutten auch kleine Scheine nehmen?"
Keine Sorge: Geld wird ueberall gern genommen.
Die Freunde ziehen ausgelassen durch die Innenstadt
bis sie
einen gelben Klinkerbau erreichen.
Sie laeuten Sturm.
Im Treppenhaus kommt ihnen eine Gruppe von Geschaeftsleuten
laut
schwatzend entgegen, darunter Udo und Juergen.
Udo blickt beiseite, in der Hoffnung, dass Nick ihn
nicht erkennt.
Das breite Grinsen seines Erpressers belehrt ihn eines
Besseren.
"Keine Panik, Junge", denkt Nick, "ich tu dir nichts".
Er und Juergen bekommen gleichlautende Briefe vom Jugendamt,
in
denen sie zum Vaterschaftstest gebeten werden.
Nick ueberlegt lange, was zu tun ist.
Schliesslich hat er eine Idee.
Er schickt seinen Freund Detlev zum Test, der ihm
ziemlich aehnlich ist.
Sieglinde soll sehen, wo sie bleibt.
Bericht Udo:
Ich werde oft gefragt, was ich eigentlich im Innersten
fuer ein Mensch
bin. Natuerlich nicht von meinem Chef, der mich als
perfekten
Mitarbeiter schaetzt und dem mein psychischer Zustand
ganz
gleichgueltig ist - auch nicht von den Untergebenen,
die Respekt
vor mir haben, obgleich sie mich allzeit freundlich
und ausgeglichen
erleben - wohl aber von guten Bekannten und Freunden.
Karin befindet
mich fuer einen allzeit laechelnden Roboter aus kratzfestem
Material,
der niemanden hinter seine Fassade blicken laesst.
Als ich ihr den
Brief des Bauarbeiters zeigte, hat sie mir vorgeworfen,
ich missbrauche
sie zur Ausstaffierung meines Lebensstils und interessiere
mich in
Wahrheit ueberhaupt nicht fuer ihre Persoenlichkeit.
Die Antwort ist, ich weiss auch nicht genau, wer ich
bin.
Es stimmt, ich spreche nicht gern ueber mich und meine
Probleme.
Ich habe auch keine besonderen Interessen und Hobbies.
Ich investiere
meine ganze Kraft in meinen Job, den ich sehr gern
mache. Und ich bin
mir sicher, dass ich mit Karin zusammenbleiben moechte.
Wenn es so weitergeht, wird es sehr schwierig fuer
uns. Notgedrungen
musste sie zugeben, dass sie mit dem Maurer wochenlang
geschlafen hat.
Sie entschuldigte sich damit, dass sie sich gelangweilt
habe,
ausserdem sei er kein tumber Hilfsarbeiter, man koenne
sich mit
ihm gut unterhalten.
Karin respektiert mich nicht. Sie weiss, dass ich ihre
Eskapaden ertrage, solange sie sie nicht gar zu offensichtlich
vor meinen Augen auffuehrt. Was ich ihr biete, das
Haus, das
Auto und das sorgenfreie Leben, scheint ihr nichts
zu bedeuten.
Sie sagt, sie koenne jederzeit wieder in ihren alten
Beruf
zurueck. Vor allem aber scheint es ihr egal
zu sein, ob sie mich verliert.
Oder fuehlt sie sich meiner zu sicher? Das waere immer
noch besser,
als wenn ich ihr nichts mehr bedeute. Ich bin jedenfalls
vorsichtig
und hoffe, dass sie letztlich bei mir bleibt, wenn
ich einfach zuwarte.
Mit dem jungen Maurer ist es ohnehin vorbei.
Bericht Karin:
Ich verdorre in dieser Ehe. Udo geht mir furchtbar
auf die
Nerven. Ich habe das Gefuehl, dass er mir meinen ganzen
Lebenssaft
absaugt. Aber alle meine Vorwuerfe prallen an ihm
ab. Er hat mich
noch nie verstanden. Nur wenn ich fremdgehe, regt
er sich auf,
hat sich aber bemerkenswert schnell wieder unter Kontrolle.
Natuerlich ist es bequem fuer mich, wie er das wegsteckt.
Staendiges Lamentieren koennte ich noch weniger ertragen.
Udo reizt mich sexuell ueberhaupt nicht mehr. Mir
ist, als lebe
ich mit einem Neutrum oder einem Kind zusammen.
Selbst wenn mich abends im Bett die Lust ueberkommt
und ich mich
schier nicht mehr beherrschen kann, muss ich mich
ueberwinden,
mit ihm zu schlafen. Ihm scheinen ein oder zwei
Ficks im Monat
zu reichen, und seitdem er bemerkt hat, wie zuwider
es mir ist, laesst
er mich meist in Ruhe.
Oft ist er ja abends sowieso noch im Buero, und dann
befriedige ich
mich eben selbst. Auf Dauer ist das aber nicht genug.
Ich sehne mich
so nach einem Mann, den ich liebe. Solange ich mit
Udo zusammenbin,
muss ich eben jede Gelegenheit ergreifen, die sich
mir bietet.
Ich habe schon oft ueber eine Trennung nachgedacht,
aber Udo
stellt sich in dieser Hinsicht taub, ich kann einfach
nicht mit
ihm darueber reden. Er tut so, als sei nichts, und
moechte am liebsten, dass alles ewig so weiterlaeuft.
Solange ich keine Alternative habe, muss ich ihm sogar
recht
geben. Ich lebe hier sehr bequem, und wenn ich genau
darueber
nachdenke, weiss ich gar nicht genau, wie ich mir
meine
Zukunft vorstelle. Ich glaube, um gluecklich zu sein,
fehlt mir ein Ziel, und um so zufrieden wie Udo zu
sein,
eine Beschaeftigung.
Neulich war Sieglinde mit ihrem Baby hier. Ist ja ganz
niedlich, der Kleine. Aber nichts fuer mich, vor allen
Dingen
nicht mit Udo!
Bericht Juergen:
Ich weiss nicht, wie ich es damals geschafft habe,
in den Vorstand
der Lottogesellschaft zu kommen. Warum wollen Sie
das ueberhaupt
wissen? Vielleicht liegt es daran, dass ich nach aussen
ein
unheimlich sympathischer Zeitgenosse bin, den jeder
Chef gern
zum Kompagnon haette.
Auf der anderen Seite bin ich ein Draufgaenger, der
sich
keine Gelegenheit entgehen laesst und aus seinen Chancen
das
Bestmoegliche herausholt. So hat sich in meinem Leben
immer alles
zum Guten gefuegt - obwohl mir das wirklich niemand
an der Wiege
gesungen hat.
Den Rowdy, der Sieglinde und Karin gebumst hat, haben
sie
uebrigens endlich erwischt. Er soll damals den Ueberfall
auf
die Diskothek organisiert haben.
Bericht Sieglinde:
Mir geht es gut. Ich habe jetzt den kleinen Udo.
Es war wirklich die richtige Entscheidung, das Kind
zu behalten.
Inzwischen habe ich gemerkt, dass mir mein Beruf eigentlich
noch nie Spass gemacht hat. Ich war zwar nach aussen
hin
die perfekte Sekretaerin, aber innerlich habe ich
die sinnlose
Taetigkeit verabscheut.
Ich weiss nicht, wie Nick oder Juergen es angestellt
haben,
das Testergebnis zu verfaelschen. Das Ende vom Lied
ist
jedenfalls, dass ich von Sozialhilfe und ein paar
Mark lebe,
die mir meine Mutter hin und wieder zusteckt.
Eigentlich eine erbarmungswuerdige Lage. Sie meint,
ich solle so schnell wie moeglich wieder arbeiten,
zumindest
halbtags; sie wolle das Kind gern betreuen.
Aber ich glaube, ich werde damit noch ein oder zwei
Jahre warten.
Ich finde, Udo geraet mehr nach Nick als nach Juergen.
Staendig ist der kleine Kerl dabei, sein Spielzeug
zu demolieren.
Wenn man fuer ihn ein paar Baukloetze aufstellt, haut
er sie gleich
wieder zusammen.
Nein, bitte fragen sie mich das nicht!
Ich mache mir im Moment keine Gedanken darueber.
Irgendwann, so mit Mitte oder Ende 20, hoert man auf,
ueber den Sinn
des Lebens nachzugruebeln.
Copyright: B. Lampe, 1999
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