Die Stunde des Dilettanten Ueber der Stadt haengt eine bleischwere Wolkendecke, die von den Mietshausfassaden kaum zu unterscheiden ist. Ruehl hat wenig geschlafen, das Grau des Augenblicks spiegelt sich in seinem Gesicht. Gestern hat er fast den ganzen Tag im Zug verbracht und in einer windigen Pension uebernachtet. Nun ist er auf dem Weg vom Bahnhofsviertel zum Max-Planck-Institut fuer Kernphysik. Er ist spaet dran und wird die ersten Vortraege des Morgens verpassen; als er den Nachtzug buchte, hat er das aber schon einkalkuliert. Unter den Rentnern, Hausfrauen und Studenten, die mit ihm im Bus sitzen, faellt der junge Wissenschaftler nicht besonders auf. Im karierten Freizeithemd und den schwarzen Jeans sieht er wie ein hoeheres Semester aus. Er beschaeftigt sich mit der Aufgabenverteilung der Arbeitsgruppen, die am Nachmittag stattfinden wird und nimmt seine Umgebung kaum wahr. Das aendert sich, als er auf das Gelaende kommt. Obwohl er sich mit den raeumlichen und den Machtverhaeltnissen relativ gut auskennt, betritt er das Institut mit unsicheren, ja vorsichtigen, Bewegungen. Gerade stroemen die Konferenzteilnehmer aus dem Hoersaal und haengen sich in grossen Trauben an die Kaffeeautomaten. Er bringt seine abgewetzte Regenjacke in die Garderobe und mischt sich unter die Kollegen, von denen die meisten genau wie er von fernen Forschungsstaetten angereist sind. Ruehl hat einen Augenfehler und kann Personen in mehr als 2, 3 Metern Abstand nicht identifizieren. Er bleibt daher ruhig allein stehen und wartet, ob ihn jemand anspricht. Dabei haelt er den Kopf leicht gehoben - wie Wild, das Witterung aufnimmt - und setzt gleichzeitig ein harmlos-freundliches, leicht serviles Gesicht auf, wie ein unschuldig dreinblickendes Kind, das auf Suessigkeiten hofft. Der gepflegte Schnauzer, der ihm einen Hauch von Maennlichkeit gibt, steht in mildem Kontrast zu dieser Miene. "Hallo Klaus, wie geht's dir", hoert er ploetzlich eine laute Stimme von der Seite und erkennt einen gleichaltrigen Kollegen, der am ECO als Post-Doc arbeitet. Bernd Altenbach ist ein grosser, argloser Mensch mit einem Hang zu unpassenden Bemerkungen. "Hallo Bernd", sagt Ruehl, ehrlich erfreut, einen Gespraechspartner gefunden zu haben, und seis auch nur den aufdringlichen Altenbach, der nun fragt: "Bist wohl gerade erst angekommen? Na, hast nichts versaeumt. Die ersten Vortraege waren nicht besonders." Ruehl blickt scheinbar versonnen auf die Bueste Heisenbergs, die wie ein Geweih an der Wand haengt und sagt: "Gestern nachmittag war bei uns noch Institutsrat", womit er auf seine Position als Hochschulassistent anspielt, die er letztes Jahr ergattert hat. "Ich bin sofort danach losgefahren und erst spaet nachts angekommen. Und ..., wie geht es dir am ECO?" "Oh bestens, ich habe mich dort gut eingelebt", antwortet Altenbach, der auf der Suche nach einer neuen Stelle ist, da sein 2-Jahres Vertrag demnaechst auslaeuft. Ruehl mit seinem 6-Jahres Posten hat gut lachen! "Ich habe sogar schon etwas Franzoesisch gelernt. Man findet leicht private Kontakte, weil es da viele Auslaender gibt." Nach einer Pause faehrt er fort: "Und ... bei welcher Working Group willst du mitmachen?" "Ich kann mich nicht so recht entscheiden", sagt Ruehl. "Es gibt eine ganze Reihe von Themen, die mich interessieren wuerden." "Mir gehts genauso", sagt Ruehl, und laesst Altenbachs Frage offen. "Weisst du uebrigens, dass ein weiteres Workshoptreffen anberaumt wurde, im November bei uns in Hamburg? ... ganz ohne Plenarsitzungen, damit die Arbeitskreise mehr Zeit haben." "Nein",sagt Altenbach. "Ich muss sehen, woher ich das Reisegeld dafuer bekomme. Mein Etat am ECO ist schon fast ausgeschoepft. Notfalls muss ich privat hinfahren. Ich koennte bei einem Freund uebernachten." Bevor Ruehl antworten kann, zwaengt sich ein korpulenter, aber ziemlich beweglicher 50-Jaehriger zwischen den anderen Wissenschaftlern zu ihnen durch. Die jungen Maenner wenden sich sofort voneinander ab und richten ihre Blicke und Gedanken auf ihn. "Mensch Klaus, unsere Büros liegen sich gegenueber. Wir sehen uns aber immer nur in fremden Staedten", sagt er scherzhaft. "Stimmt", sagt Ruehl, "uns zieht es halt in die sueddeutsche Heimat ... Aber im Ernst: ich habe dich in den letzten Wochen mehrmals gesucht, aber du warst staendig verreist. Na ja, kein Wunder. Die Sekretaerin sagt, du mußt in deiner neuen wichtigen Aufsichtsratsfunktion dauernd nach Strassburg." "Ganz so extrem ist es nicht. Zuletzt war ich nicht in Strassburg, sondern in Brookhaven und hatte danach in Bruessel zu tun, bei der ECFP macht man sich Sorgen ueber die Entwicklung der europaeischen Atomphysik", sagt Boeck und freut sich ueber die Schmeicheleinheit. "Aber jetzt bin ich hier und kann alle deine Fragen beantworten. Ich versichere Euch, dass jeder Beitrag hochwillkommen ist, den ihr mit euren brillanten Kenntnissen zum Workshop leistet." Die Jungen wissen darauf nichts zu sagen. Um ueberhaupt zu der Konferenz eingeladen zu werden, haben sie sich bei ihm vor Monaten per e-Mail angemeldet und erst vor zwei Wochen erfahren, dass sie beruecksichtigt worden sind. Waehrend Professoren automatisch zu allen Tagungen eingeladen werden, rangeln die Post-Docs regelmaessig um wenige Restplaetze. Boeck wendet sich nun an Altenbach. "Bernd, wie geht es dir? Wir haben in letzter Zeit gar nichts mehr von dir gehoert." "Oh, mir gehts gut", sagt der so Angesprochene etwa zum fuenften Mal an diesem Morgen und fragt sich, ob Boeck seine seltenen Besuche in Hamburg oder den maessigen Erfolg seiner letzten Publikationen meint. In der Kernphysik gibt es zur Zeit keinen rechten Fortschritt und er teilt dies Problem eigentlich mit allen Kollegen. Er fuegt hinzu: "Beim ECO ist so viel los, dass ich keine Zeit hatte, nach Hamburg zu kommen." "Du brauchst dich doch nicht zu rechtfertigen", beruhigt ihn der Professor. "Ich habe uebrigens deine interessante letzte Arbeit gelesen und denke, dass wir dich offiziell zu unserem Kolloquium einladen sollten." Er bringt dies in einer Weise vor, die Altenbach ein Gefuehl von Wichtigkeit gibt und seine Selbstzweifel zerstreut. "Die Gelder fuer Vortraege sind kuerzlich erhoeht worden, so dass wir jetzt Flugtickets zahlen koennen. Bitte melde dich, wenn du einen freien Termin hast." Vortraege an auswaertigen Instituten oder auf Konferenzen sind fuer Nachwuchswissenschaftler der einfachste Weg, sich bekannt zu machen. Wichtiger als die Qualitaet der Darbietung ist dabei der Gesamteindruck, den der junge Forscher macht - waehrend des Mittagessens, bei den Diskussionen und vor allem in den Tee- und Kaffeepausen. Er befindet sich in einem permanenten virtuellen Bewerbungsgespraech, denn er muss damit rechnen, dass moeglicherweise gerade an diesem Institut irgendwann einer der raren Dienstposten frei wird, und sollte ALLES tun, um die Gunst der Gastgeber zu gewinnen; wenn er im falschen Moment auch nur das Gesicht verzieht oder gar eine unpassende Bemerkung macht, die die Eitelkeiten der Abteilungsleiter verletzt (die sich alle fuer kleine Einsteins halten), faellt er gegen kluegere Konkurrenten zurueck. Auf keinen Fall darf er einen steifen, aengstlichen, hektischen, aggressiven, eigensinnigen oder sonstwie unangenehmen Eindruck hinterlassen, oder eine Meinung haben, die von gewissen Standards abweicht. "Das hoert sich gut an," antwortet Altenbach erfreut. "Vielleicht koennte ich den Vortrag mit der Tagung in Hamburg verbinden. Klaus hat mir erzaehlt, dass ein zusaetzlicher Termin angesetzt worden ist." "Das muss man sehen," erwidert Boeck etwas weniger freundlich. "In der Tagungswoche werden wir sicher einen der bekannteren Teilnehmer zum Kolloqium einladen. In dem Fall muesstest du zurueckstehen." Altenbach nickt. Wie jeder Wissenschaftler akzeptiert er die Struktur dieser Klassengesellschaft, in der die Post-Docs nur den Abfall bekommen, den die Professoren uebrig lassen. Inzwischen haben Viele der Umstehenden ihren Becher leergetrunken und kehren in den Hoersaal zurueck, so dass die Menge ausduennt und man bis zu den hohen Fenstern und auf das Glaskabuff des vom Gedraenge irritierten Pfoertners sehen kann, der angestrengt den Schluesselschrank ordnet. Ein schlanker Mensch mit akkuratem Scheitel gesellt sich zu ihnen und redet nach kurzem Hallo wie gehetzt auf Boeck ein. Es ist ein junger Professor aus Frankfurt, der sich offenbar intensiv mit dem Thema des zweiten Vortrags beschaeftigt hat und die wichtigsten Behauptungen des Referenten in eloquenter Form bezweifelt. Danach kommt er uebergangslos auf ein ganz anderes Thema. "Wisst ihr schon? In Berlin ist eine grosse Umstrukturierung im Gange. Thoma wird auf eigenen Wunsch ein Jahr frueher emeritiert. Sein Posten wird zwar gestrichen, aber stattdessen sind 2 neue C3-Stellen bewilligt worden, die noch dies Jahr besetzt werden sollen. Das ist jedenfalls Jaegers Zeitplanung" - Jaeger ist der Leiter des Berliner Kernforschungsinstituts - "Wie ich die Verhaeltnisse kenne, wird sich der Vorgang aber bis ins naechste Jahr hinziehen. Vor allem wenn dann auch noch Wunschkandidaten absagen! Dann wuerde es den Berlinern wie den Heidelberger ergehen, die nach 3 Jahren immer noch keinen Nachfolger fuer den Institutsleiter gefunden haben. Der neueste Stand ist, dass die Stelle zum zweiten Mal durch die Gremien muss und erst danach wieder ausgeschrieben wird." Ruehl und Altenbach ueberlegen, wenn Heidelberg sich nicht auf die amerikanische Koryphaee kapriziert haette, die in Boston eine viel bessere Stelle hat, gaebe es dort schon lange einen neuen Direktor. Aber man hat sich auf muendliche Interessensbekundungen des Amerikaners verlassen, ohne andere Kandidaten ernsthaft ins Auge zu fassen. Der Frankfurter, der ununterbrochen weitergeredet hat, wendet sich nun direkt an die beiden Assistenten: "Ich werde mich auf die Berliner Stellen natuerlich nicht bewerben," - er hat ja in Frankfurt bereits eine C3-Stelle - "aber fuer euch koennte es interessant sein." Der Nebensatz soll Ruehl und Altenbach zu Reaktionen reizen und ist leicht uebertrieben; denn es wird mindestens 50 Bewerber geben. Sie reagieren recht unterschiedlich auf diese Informationen. Waehrend es dem einen gelingt, ruhig und realistisch zu bleiben und wie eine Sphinx zu laecheln, wird der andere, der schon lange auf eine permanente Stelle wartet, bei dem sensiblen Thema nervoes. Feuchter kalter Schweiss tritt auf Altenbachs Stirn und zwischen seine Schulterblaetter, und er hat das irrationale Beduerfnis, vorzutreten und irgendetwas Wichtiges zu sagen, um die anderen auf sich aufmerksam zu machen. Bevor er jedoch antworten kann, ertoent ein langgezogenes, unangenehmes Klingeln - Hinweis auf das Ende der Kaffepause - und man begibt sich zurueck in den Hoersaal. Nachmittags teilen sich die etwa 200 Wissenschaftler in 5 Arbeitskreise, um speziellen Problemen des geplanten Grossprojekts nachzugehen. 3 davon betreffen die Sicherheit und Stabilitaet der im Reaktor zu verwendenden Materialien und sind fuer Ruehl und Altenbach nicht attraktiv. Altenbach entschliesst sich, in die von Boeck geleitete vierte Gruppe zu gehen, waehrend Ruehl zu der Gruppe von Professor Haehnlein aus Koeln stoesst. In beiden Zirkeln sollen die Prozesse im Reaktorkern simuliert werden, wenngleich aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Haehnlein ist ein Mann von kleinem Wuchs und mit einem dichten Bart, welcher das halbe Gesicht verdeckt und ihn wie ein Waldschrat aussehen laesst. Dieser Eindruck wird durch den breiten Hals und den weit vorgestreckten Kopf noch verstaerkt. Man sollte sich durch sein Aeusseres aber nicht taeuschen lassen; denn er besitzt grosse sprachliche und soziale Kompetenzen und weiss in jeder Situation das Richtige zu sagen. So eine Faehigkeit ist in allen Lebenslagen nuetzlich, besonders aber für wissenschaftliche Karrieren. Haehnlein hat seinen Aufstieg lange hinter sich und ist Mitglied vieler Gremien, Aufsichtsraete und Kommissionen. Die Workschopgruppe mit ihren ziemlich unbedeutenden Teilnehmern leitet er gewissermassen im Voruebergehen. Nachdem sich ein Dutzend Personen in dem kleinen stickigen Besprechungszimmer um einen runden Nussbaumtisch versammelt hat, ergreift er das Wort und stellt 10 Punkte vor, die nach seiner Meinung bearbeitet werden muessen. Zu jedem Thema solle eine Untergruppe von 2, 3 oder 4 Kollegen gebildet werden, die am Ende der Tagungsreihe einen Bericht vorlegen muesse. Wegen der geringen Teilnehmerzahl - dabei blickt er verdrossen in die Runde - sei es unumgaenglich, dass jeder in mehreren Untergruppen mitarbeite. Ein Teil der Anwesenden, besonders diejenigen, die auf ein einziges Thema spezialisiert sind, ist dazu nicht bereit, und es entspannt sich eine erregte Diskussion, ob das vorgeschlagene Pensum geleistet werden kann. Schliesslich einigt man sich auf einen Kompromiss von 7 Themen, die an der Tafel notiert werden. Ruehl, der wiederholt auf die Uhr geblickt hat, meldet sein Interesse fuer 6 der 7 Untergruppen an, was bei einigen Kollegen Erstaunen oder auch Befremden ausloest. Man ist jedoch froh, auf diese Weise jedes Team mit genuegend vielen Leuten belegen zu koennen. Nachdem die Einteilung vorgenommen worden ist und waehrend seine Kollegen die Abgrenzung der Themen untereinander diskutieren, erhebt sich Ruehl unter entschuldigendem Kopfnicken und verlaesst den Raum. Niemand denkt sich viel dabei, wahrscheinlich hat er private Termine ... Stattdessen begibt er sich schnurstracks in den ersten Stock, wo der Boeck'sche Arbeitskreis im Seminarraum der theoretischen Abteilung tagt. Dort ist man gerade dabei, sich in Untergruppen aufzuteilen, und wieder meldet sich Ruehl bei fast allen Themen zur Mitarbeit an. Er wird damit die Zahl seiner Publikationen auf einen Schlag um mehr als ein Dutzend erhoehen. Gegen 16 Uhr loest Boeck das Treffen auf. Die Anwesenden beraten nun in kleinen Gruppen das weitere Vorgehen. Altenbach hat sich schraeg auf einen der Tische gesetzt und laesst sein rechtes Bein ueber einer Stuhllehne baumeln. 3 Kollegen - Ruehl, Haselstein und Wagner - stehen um ihn herum. Haselstein kommt aus Mainz. Mit seiner leisen Stimme macht er immer einen veraengstigten Eindruck; wie eine Maus, die sich vor der Katze fuerchtet. Wagner ist der Juengste. Er sieht gut aus. Mit seinen markanten Gesichtszuegen und der gekonnten Mimik wirkt er wie ein dynamischer junger Manager, oder wie man sich einen Rallyefahrer vorstellt. Seine geringe Koerpergroesse kompensiert er mit Spezialschuhen. Haehnlein hat ihm im letzten Jahr eine Assistentenstelle in Koeln verschafft. Seither arbeiten die beiden eng zusammen. Haselstein sorgt sich, ob er genuegend Zeit fuer seine Aufgabe finden wird, und fordert die Anderen auf, sofort mit den Diskussionen zu beginnen. "Boeck hat vorgeschlagen, schon bis zur Tagung in Hamburg vorlaeufige Exposees anzufertigen. Da wir uns vorher nur noch einmal treffen, sollten wir versuchen, noch heute oder morgen ein vorlaeufiges Konzept zu erstellen. Der Rest muss dann per e-mail erledigt werden", draengt er. "Nur keine Panik, Hubert. Das werden wir schon schaffen", sagt Wagner optimistisch. "Wir haben mehr als ein halbes Jahr Zeit! Und wir sind alle Experten auf dem Gebiet und kennen die Literatur und den Stand der Forschung genau." Altenbach pflichtet ihm bei: "Es gab doch vorletztes Jahr schon mal eine Tagung mit genau demselben Thema. Ich glaube, wir koennen die Ergebnisse von damals weitgehend uebernehmen, und vielleicht ein paar kleine Verbesserungen einbauen. - Ausserdem muessen wir bei unseren Analysen nicht voellig praezise sein; die endgueltigen Planungsdaten fuer den Reaktor liegen doch gar nicht vor. Boeck hat von vorlaeufigen Groessen gesprochen, von denen wir ausgehen sollen. Und selbst sind unsicher. Das heisst, politisch gesehen." Damit spielt er auf die neue Regierung an, die dem Bau von Kernkraftwerken, auch von Forschungsreaktoren, skeptisch gegenueber steht. Ruehl sagt: "Ich habe gehoert, dass sogar noch zwei weitere Konferenzzyklen zum gleichen Thema in der Diskussion sind. Was wir diesmal in die Reports schreiben, ist im naechsten oder uebernaechsten Jahr also schon wieder ueberholt! - Wobei ich gespannt bin, ob man es noch einmal schafft, die EU als Geldquelle anzuzapfen." "Ja, aber wenn im naechsten Jahr auch wieder nur abgeschrieben wird, sollten wir uns dies Jahr doch etwas Muehe geben", meint Altenbach ironisch. Ein Mann in mittleren Jahren ist in den Raum getreten, hat sich wie suchend umgesehen und wendet sich zurueck zur Tuer. Wagner loest sich von der Gruppe, eilt ihm nach und redet auf ihn ein. Waehrend er ihm nachsieht, bemerkt Altenbach Wagner's erhoehte Schuhabsaetze. "Wer ist das eigentlich", fragt Haselstein, als die beiden ausser Hoerweite sind. "Das ist Howard Georgi", antwortetet Ruehl. Ein bekannter US-Forscher, der zahlreiche Arbeiten mit einem Nobelpreistraeger geschrieben und daraufhin vor Jahren eine Stelle in Harvard bekommen hat. Spaeter, draussen hat die Abenddaemmerung eingesetzt, steht Ruehl mit einem Kollegen etwas abseits in der Eingangshalle, unweit der Waschraeume. Martin Toepfer ist Mitte 30 und hat in Berlin bereits eine unbefristete C3-Stelle. Wenn er spricht, liegt seine Halbglatze in Denkerfalten. Alles, was er sagt, klingt, als sei es von groesster Bedeutung und unzweifelhaft richtig. Mit dieser Masche hat er schon viele aeltere Kollegen beeindruckt, die ihn als den kommenden Star unter den deutschen Atomforschern handeln. Ruehl ist devot auf ihn zugegangen, hat ihn in ein Gespraech ueber seine Arbeit verwickelt und dabei Floskeln wie "deine bahnbrechenden Beitraege zu ..." und "der am haeufigsten zitierte Artikel" eingeflochten. Dann sagt er in dem gedaempften, warmherzigen und zugleich praezisen Tonfall, in dem er mit Professoren spricht: "Ich organisiere in diesem Semester zusammen mit Herrn Boeck unser Kolloquium. Wir in Hamburg wuerden bestimmt alle davon profitieren, wenn du bei uns ueber deine Projekte vortragen wuerdest." Toepfer wird diesen Vortrag etwa ein halbes Jahr spaeter tatsaechlich halten und den Hamburger Assistenten dabei von dessen ***angenehmster Seite kennenlernen. An einem schoenen Fruehsommertag wird er vormittags in der Hansestadt eintreffen und dort wie ein Institutsleiter empfangen werden. Auf Ruehls Draengen wird ihm eine Flugreise genehmigt worden sein ("wegen der schlechten Bahnverbindung") und einer der institutseigenen bulligen BMW's wird ihn von Fuhlsbuettel abholen. Spaeter, vor dem versammelten Auditorium, wird Ruehl den Besucher als Matador seines Spezialfachs einfuehren, und sich dabei fuer plumpes Lob nicht zu schade sein. Waehrend des Vortrages wird er geschickt kritische Fragen unterbinden und mehrfach Bemerkungen machen, die die Wichtigkeit von Toepfer's Arbeiten unterstreichen. Ruehl wird ausserdem dafuer sorgen, dass der Gast aus Berlin nachmittags von mehreren Professoren durch das Institut gefuehrt wird, die ihm die experimentellen Anlagen zeigen. Spaetabends wird Toepfer in dem Bewusstsein zurueckfliegen, dass man ihn in Hamburg als bedeutenden Wissenschaftler achtet. Ruehl aber gewinnt einen Freund, der ihm bei den Raenken um die Berliner C3-Stellen nuetzlich sein wird. Am letzten Konferenztag, einem Freitag, leitet Boeck die morgendliche Plenarsitzung im Muenchner Max-Planck-Institut. Da viele Teilnehmer bereits am Donnerstag Abend abgereist sind, bleiben die meisten Plaetze in dem grossen Hoersaal unbesetzt. Als 'Chairman' hat er die Redner aufzurufen und nach den Vortraegen die zumeist kurzen Diskussionen zu moderieren. Neben ihm in der ersten Reihe sitzt Vladimir Vainstheyn von den "Vereinigten Kernforschungsinstituten" (JINR) in Moskau, ein kleiner, duenner, glatzkoepfiger und weithin bekannter russischer Physiker, der seit dem Fall des eisernen Vorhangs sein Ego wie auch sein mageres Gehalt mit Vortragsreisen im Westen aufpoliert. Man sieht ihn meist in billigen, hellen Joggingschuhen, grauen Flanellhosen und zu engen schwarzen Lederjacken. Der militaer-industrielle Komplex des zusammengebrochenen Sowjetsystems hat die Nuklearforschung so intensiv gefoerdert, dass es in Russland mehr Atomphysiker als Aerzte gibt. Da sie dort nicht mehr gebraucht werden, suchen viele von ihnen im Westen nach Arbeit und erzeugen so zusaetzlichen Druck auf die angespannte Stellensituation. Ohne reale Karriereaussichten arbeiten sie auf befristeten Positionen an westlichen Universitaeten. Nur eine kleine Minderheit besitzt genuegend Chuzpe oder Beruehmtheit, um sich auf Dauer in Deutschland festzusetzen. Vainstheyn ist zu alt, um fuer eine Professorenstelle in Frage zu kommen, hat aber eine grosse Zahl ehemaliger Schueler, fuer die er bei seinen Aufenthalten im Westen wirbt. Aufgrund seiner Beruehmtheit ist er ein beliebter Abschlussredner auf deutschen Tagungen. So kuendigt ihn Boeck auch heute als letzten Sprecher an: "I am happy to present Prof. Vainstheyn from Moscow, who made the long trip to Munich to give a summary of his impressions from this conference, and I am sure that we will furthermore hear some interesting remarks on the future of nuclear science." Vainstheyn erhebt sich und beginnt seinen Vortrag mit den Worten "I would like to thank you for your kind invitation and the opportunity to present a few little ideas before this distinguished audience." Dann senkt er den Kopf und entwirft in schlechtem Englisch und mit einem gekonnten Spiel seiner Haende und Arme ein Bild von der Atomphysik, dass allen Anwesenden schmeichelt. Scheinbar ohne jedes Lampenfieber traegt er gewagte Behauptungen vor und streut intelligente Randbemerkungen und Anekdoten aus der Bluetezeit der Physik ein. Nachdem der Beifall verklungen ist, beendet Boeck formell die Tagung. Waehrend die letzten Zuhoerer den Raum verlassen und der Hausmeister mit unbeweglicher Miene die Mikrofonkabel zusammenrollt und die Schaltertafel abschliesst, stehen die beiden Maenner vor der grossen Projektionsleinwand. "Das war ein guter Vortrag", sagt Boeck bedeutungsvoll, "und ein fulminanter Abschluss fuer unsere Konferenz. Ich wuenschte, wir haetten auch bei der DPG Tagung vor 3 Wochen einen solchen Summary Talk gehabt. Veneziano hat sich ueberhaupt keine Muehe gegeben und nur ueber seine eigenen Arbeiten gesprochen." "Na ja", erwidert Vainstheyn verbindlich, "ohne die vielen interessanten Referate der letzen Tage mit all diesen neuen Ergebnissen haette ich nie so einen Vortrag halten koennen. Die Organisatoren haben bei den Rednern eine gute Auswahl getroffen." Dann fragt er beilaeufig: "Wie hat dir uebrigens der Vortrag von Solokov gefallen?" "Sehr gut; Solokov ist ein aeusserst faehiger Kollege", erklaert Boeck entschieden. Er weiss, dass es sich um einen engen Mitarbeiter von Vainstheyn handelt. "Er arbeitet inzwischen auf demselben Gebiet wie du und wuerde sicher gut in deine Arbeitsgruppe passen," bemerkt Vainstheyn. "Ich kenne ihn seit vielen Jahren und kann ihn dir waermstens empfehlen." "Ich weiss, dass er exzellente Arbeiten mit dir geschrieben hat und schaetze ihn hoch ein", schmeichelt Boeck. "Kuerzlich habe ich neue Foerdermittel bei der DFG beantragt und hoffe, dass man mir 2 zusaetzliche Stellen bewilligt. Dafuer kaeme er in Frage. Allerdings kann ich nur Vertraege fuer maximal 2 Jahre anbieten", fuegt er in etwas strengerem Ton hinzu. "Glaubst du, dass er bei seiner Erfahrung damit zufrieden waere?" "Ich denke schon", versichert Vainstheyn schnell. "Ihm geht es darum, im Westen bekannt zu werden, und eine Mitarbeit an deinem bedeutenden Lehrstuhl waere fuer ihn genau der richtige Einstieg." "Zur Zeit besteht meine Gruppe aus 3 sehr motivierten Doktoranden und aus 2 polnischen Kollegen, Krawzyk und Vysotzky, du kennst sie vielleicht", erklaert Boeck. "Solokov wuerde sie ideal ergaenzen." Daraufhin lassen die beiden Professoren das Thema fallen und Vainstheyn berichtet in gedaempftem Ton von einem Vorgang, der ihn stark beunruhigt. "Neusel und Wagner haben in den letzten zwei Jahren eine Reihe von vielbeachteten Arbeiten ueber Hotspots im Kernplasma geschrieben. Was die meisten im Westen nicht wissen: ich arbeite seit Laengerem an diesem Thema, ohne dass ich meine Ergebnisse bisher publiziert haette. Viele von Neusels und Wagners Resultaten sind plausibel, doch nach meiner Auffassung ist es unmoeglich, sie in so kurzer Zeit zu gewinnen - zumal die beiden gleichzeitig noch auf mehreren anderen Gebieten aktiv sind. Ausserdem gibt es da ein paar Widersprueche zu meinen Ergebnissen, die mich ziemlich irritieren. Besonders hinsichtlich der spektakulaeren Effekte, die sie behaupten. Nachdem ich ihre Arbeiten genauestens studiert habe, gibt es fuer mich eigentlich nur eine Schlussfolgerung. Ich glaube, dass sie zumindest teilweise gefaelscht sind, oder frei erfunden, oder wie man das nennen soll. Dir gegenueber kann ich es ja so drastisch formulieren." "Das ist allerdings ein schwerwiegender Vorwurf", meint Boeck nachdenklich. "Natuerlich bezweifle ich deine Resultate nicht, aber haeltst du es nicht fuer denkbar, dass sie bei ihren Experimenten versehentliche Fehler gemacht haben? Solche Dinge passieren! Ich kann mir nicht vorstellen, dass Wagner in so etwas verwickelt ist ... Neusel wuerde ich es schon eher zutrauen." Neusel ist ein juengerer Kollege mit energischem, teils sogar aggressivem Auftreten, ueber den die Meinungen stark auseinander gehen. Er hat in Heidelberg promoviert und ist nach einem laengeren Amerikaaufenthalt inzwischen Post-Doc am ECO. Boeck erinnert sich, dass Neusel einmal waehrend eines Vortrages einen dicken Zeigestock zerbrochen hat. Die 'Community' der Wissenschaftler ist eine Welt der leisen und freundlichen Toene, so dass der junge Mann bei manchem Aelteren unbeliebt ist. Eine Minderheit haelt ihn jedoch fuer faehig, frischen Wind in die alte Atomphysik zu bringen. Vainstheyn weiss von frueheren Gespraechen, dass sich Boeck und Neusel nicht leiden koennen. Er beschreibt einige Details aus den Arbeiten von Neusel und Wagner, die ihn zu seiner Vermutung gefuehrt haben, ueberzeugt Boeck aber nur teilweise. Da der Deutsche den zeitlichen Aufwand fuer die Experimente nicht beurteilen kann, haelt er es fuer moeglich, dass Vainstheyn die Effektivitaet der juengeren Kollegen unterschaetzt. "Ich bin leider noch nicht soweit, dass ich meine Ergebnisse praesentieren koennte", sagt der Russe schliesslich und verabschiedet sich. Etwa ein Jahr spaeter kommen Vainstheyns Vermutungen bei einem morgendlichen Telefongespraech zwischen Boeck und Heilmann, einem Professor aus Berlin, zur Sprache. Die beiden Berliner C3-Stellen sind inzwischen ausgeschrieben und die eingegangenen Bewerbungen gesichtet worden. "Hallo Peter, hier ist Andreas", meldet sich Heilmann. "Hallo Andreas, wie geht es dir", kommt die vaeterliche Stimme von Boeck zurueck. "Oh, bestens," antwortet Heilmann. "Ich habe gestern deine neueste Arbeit mit Solokov gelesen. Eine sehr aufwendige und intensive Analyse!" "Ja, wir haben die Idee gemeinsam entwickelt. Die Rechnungen hat er weitgehend selbststaendig durchgefuehrt - du weisst ja, ich hatte mein Sabbatical und war ein halbes Jahr am LBL. Leider ist die Arbeit dadurch etwas zu 'russisch' geworden. Ich konnte ihn auch nicht davon abhalten, hauptsaechlich seine Landsleute zu zitieren", informiert ihn Boeck mit einem Anflug von Aerger in der Stimme. Unvermittelt fuegt er hinzu: "Uebrigens bin ich erst gestern abend aus Seoul zurueckgekommen. Dort war ich zur Gruendungsfeier des neuen Instituts fuer Atomphysik eingeladen. Die Koreaner haben sich wirklich grosse Muehe gegeben, alles nach westlichem Standard einzurichten. Es gibt sogar einen Aufsichtsrat, in dem ich Mitglied bin." "Ich habe davon gehoert. Es ist schon ein Wahnsinn!" ruft Heilmann aus. "In Deutschland werden Stellen eingespart und ganze Institute geschlossen und dort ist Gruenderzeit. Na, wenigstens haben wir in Berlin die beiden C3-Stellen durchbekommen. Es sind weit ueber 100 Bewerbungen eingegangen, teilweise aus dem Ausland. Wir werden Dich uebrigens um vergleichende Gutachten ueber die Kandidaten bitten, die wir in die engere Wahl ziehen." Heilmann ist nun beim eigentlichen Gespraechsthema. "Dazu bin ich gern bereit", versichert Boeck. "Ich kenne ja die meisten juengeren Kollegen sehr gut." Die Bitte aus Berlin schmeichelt ihm, zeigt sie doch, dass er im Geflecht der fuehrenden Atomwissenschaftler grossen Einfluss hat. "Ich habe die Namen vor mir liegen; Bergmann, Wagner, Kallik, Neusel, Haselstein, Ruehl und Altenbach sind zum Bewerbungsvortrag eingeladen. Eigentlich ist die Liste vertraulich, aber jeder, der unsere Vortragsankuendigungen liest, weiss natuerlich Bescheid." "Das sind alles sehr gute Kandidaten. Mich wundert allerdings, dass ihr Bohnert nicht eingeladen habt. Er ist ein hervorragender junger Wissenschaftler, mit dem ich jahrelang erfolgreich zusammengearbeitet habe", sagt Boeck leicht vorwurfsvoll. "Oh, er steht auf der Ersatzliste. Es gibt eine ganze Reihe ausgezeichneter Bewerber, die wir in einem zweiten Durchgang einladen werden. Uebrigens", weicht Heilmann der weiteren Beurteilung von Boeck's Doktoranden aus, "du sprichst von 'sehr guten Kandidaten', aber offen gestanden bin ich ueber vier Namen gar nicht gluecklich. Ich finde, dass Bergmann, Haselstein und Altenbach nicht genuegend qualifiziert fuer die Stellen sind, vor allem aber stoere ich mich an Neusel. Ich konnte nicht verhindern, dass er zum Bewerbungsvortrag eingeladen wurde." Damit ist er zum Kernpunkt seines Anliegens vorgedrungen und hofft, dass Boeck ihn ohne viel Umstaende versteht. Unter den Physikprofessoren in Deutschland hat Heilmann die besten nationalen und internationalen Verbindungen und gilt auf seinem Spezialgebiet als einer der Meinungsfuehrer. Zu einigen Lehrstuehlen, z.B. zu Boeck und zu Haehnlein, pflegt er allzu intensive Kontakte, so dass eine Seilschaft entstanden ist, die sich heimlich abspricht und institutsuebergreifend in die Neubesetzung von Stellen und die Genehmigung von Forschungsgeldern einmischt. Heilmann ist die fetteste Spinne in diesem Netz. Er ist eitel und legt - im Gegensatz zu anderen Wissenschaftlern - Wert auf feine Kleidung und vornehme Manieren. Das grauschwarze Haar, das er sich auffaellig nach vorn kaemmt, bedeckt die Stirn bis zu den dichten Brauen, die ihm ein etwas finsteres Aussehen geben. Er hat eine angenehme, modulierte Stimme, der man gern zuhoert. "Andreas, ich teile deine Meinung ueber Neusel und sage dir ganz offen, dass ich Entsprechendes in mein Gutachten schreiben werde. Er macht viel Wind und schreibt Dutzende von Papieren, bringt aber wenig Neues", erklaert Boeck zuvorkommend und gibt dann zu bedenken: "Natuerlich wird es schwer sein, ihn zu verhindern, nachdem er kuerzlich so ein phantastisches Angebot bekommen hat." Das ECO hat Neusel ueberraschend eine permanente Stelle angeboten. "Das ist genau der Punkt. Jaeger zieht Neusel definitiv in die engere Wahl", sagt der Berliner besorgt. "Du weisst ja, wie er ist! Wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hat, laesst er sich auch von guten Argumenten nicht abhalten. Und meist gelingt es ihm, seinen Willen durchzusetzen." Obwohl die Positionen von Heilmann und Jaeger formal gleichrangig sind, hat Jaeger innerhalb des Instituts den groesseren Einfluss. Er ist nicht nur Sprecher der Abteilung, sondern kuerzlich sogar ins Direktorium berufen worden. Im Umgang mit Menschen ist er ebenso beschlagen wie sein Kollege, waehlt aber bei der Verfolgung seiner Ziele direktere Wege. "Ueber Neusel braut sich etwas zusammen, das dir vielleicht helfen koennte", sagt Boeck. "Man hat mir zuerst vor einem Jahr davon erzaehlt und ich habe es inzwischen auch von anderer Seite vernommen." Er berichtet detailliert von Vainstheyns Verdaechtigungen und fuegt hinzu: "Als ich vor 2 Monaten in New York bei der Jahrestagung der APS war, hat mir der Herausgeber gesagt, dass Physics Review von Neusel und Wagner keine Arbeiten mehr zu dem Thema annimmt. " "Ich habe auch schon davon gehoert", sagt Heilmann, "weiss aber nicht, wie ernst man es nehmen soll. In den Diskussionen der Berufungskommission koennte ich es jedenfalls nur verwenden, wenn es eindeutige Beweise gaebe." Er erinnert sich an einen Faelschungsfall in der Biologie, der vor Jahren Schlagzeilen gemacht hat. Damals war man nach Kritikermeinung nicht schnell und entschieden genug gegen die Schwindler vorgegangen. Daher ist bei der DFG eine Spezialabteilung gegruendet worden, die Manipulationsvorwuerfen nachgeht. Heilmann wird dem entsprechenden Beamten einen Hinweis geben. Zu Boeck sagt er: "Ausserdem traue ich Wagner, den ich fuer einen sehr guten Wissenschaftler halte, so etwas nicht zu." Denselben Satz wiederholt er, als er eine Stunde spaeter mit Haehnlein telefoniert, dessen Meinung zu den eingeladenen Kandidaten er hoeren will. Auch Haehnlein stellt sich vor seinen Schuetzling und sagt verhalten: "Ich habe mich kuerzlich mit Wagner unterhalten. Er ist sehr besorgt. Ich hatte den Eindruck, dass er sich von den Arbeiten mit Neusel distanziert. Er deutete an, dass er nur an den unkritischen Rechnungen beteiligt war und dass Neusel die angezweifelten Simulationen allein durchgefuehrt hat." Dann verkuendet er: "Und ich muss sagen: ich glaube ihm. Wolfgang gehoert seit mehreren Jahren zu meiner Abteilung und hat mir nie Anlass gegeben, an seiner Seriositaet zu zweifeln. Es gibt ganz andere Leute auf eurer Liste, die ich im Verdacht habe, sagen wir mal, unpraezise zu arbeiten. Nur faellt das nicht auf, da ihre Artikel kaum gelesen werden. Altenbach z.B. ist so ein Fall. Seine Arbeiten werden nur selten zitiert. Niemand ueberprueft, was er rechnet." Heilmann und Haehnlein sprechen eine offene Sprache, da sie alte Freunde sind. Haehnlein hat seinen Posten in Koeln vor Jahren erst bekommen, nachdem er aus Berlin ein Angebot auf eine C3-Stelle bekommen hatte. "Ich habe Altenbach kuerzlich in Schladming getroffen", erzaehlt Heilmann. "Er hat dort einen sehr hoelzernen Talk gehalten, ein richtungsloses und viel zu breit gestreutes Potpourri von Informationen. Wenn er uns hier dasselbe auftischt, ist er aus dem Rennen." - Dabei hat er Altenbach in Schladming gelobt ("Bernd, das war ein sehr guter Vortrag!") und ihn ermutigt, die Darbietung in Berlin zu wiederholen. "Uebrigens halte ich Bergmann, Haselstein und Altenbach fuer die schwaechsten Kandidaten", faehrt Heilmann fort. "Das weiss auch Jaeger, der sie nur eingeladen hat, damit sie nicht beleidigt sind. Schliesslich ist Berlin quasi ihr Heimatinstitut, da sie bei ihm promoviert haben. Wir sind uns aber einig, dass das kein Entscheidungskriterium sein kann. Jaeger sagt, dass er nur die Besten will." Waehrend sie die Kandidatendiskussion weiterfuehren und Haehnlein Heilmann's Urteil ueber die drei jungen Physiker bestaetigt, telefoniert Jaeger nebenan mit dem ehemaligen Umweltminister K. Da er einen arbeitsreichen Tag mit vielen Terminen vor sich hat, ist er frueh ins Buero gefahren. Die Einrichtung, in dem er die Abteilung fuer Gefahrensimulation leitet, ist die groesste deutsche Forschungsstaette auf dem Gebiet der Atomphysik. Obwohl sie den Berliner Universitaeten angegliedert ist, liegt sie abseits in Spandau, einem der westlichen Stadtteile. Jaeger hat eine schmaechtige Gestalt und einen schmalen Kranz blonder Haare auf dem Kopf. Wie Heilmann und Boeck ist er Ende 40 und ein Mensch mit einer feinen Antenne fuer Situationen und Stimmungen. Das Berliner Institut befindet sich in einem billigen Betonbau aus den 70er Jahren. Die Bueros sind durch einen engen, fensterlosen Gang verbunden, in dem man sich wie in einem Raumschiff fuehlt, ganz anders als in der grosszuegigen Anlage des Muenchner Max-Plank-Instituts mit seinen hohen hellen Fluren und Raeumen. "Was gibt es Neues in Bonn?" fragt Jaeger. "Du weisst ja, wie kritisch die Lage ist," klagt K. "Dem rotgruenen Umweltminister fallen jeden Tag neue Nadelstiche gegen die Energiewirtschaft ein. Ich selber erwaege, meine Aktivitaeten in der Umweltpolitik ganz aufzugeben, da ich mich intensiver um meinem Wahlkreis kuemmern muss. Ich bin diesmal nur ueber einen Listenplatz in den Bundestag gekommen und meine lokalen Parteifreunde werfen mir vor ..." Jaeger hoert dem Lamento des Politikers nicht zu. Den Regierungswechsel hat er vorhergesehen und trotz politischer Meinungsunterschiede fruehzeitig Kontakte zum neuen Umweltminister R. geknuepft. Ihn interessiert die Zukunft der Reaktorsicherheitskommission, deren geschaeftsfuehrender Vorstand er gewesen ist, bevor sie als zu atomfreundlich aufgeloest wurde. Er unterbricht K. und fragt: "Hast du herausgefunden, wen die neue Regierung in die RSK berufen will?" "Ich weiss auch nicht mehr als das, was in der Zeitung steht. Die Anderen konsultieren uns nicht", antwortet der Politiker kurzangebunden. Jaeger uebergeht diese Worte und sagt: "Du weisst, mehrere meiner Kollegen haben als beratende Mitglieder der RSK vertrauliche Gutachten verfasst, die ich als Grundlage unserer Entscheidungen zugelassen habe und die nun moeglicherweise von den falschen Leuten gelesen werden. Haeltst du es fuer denkbar, dass ich Schwierigkeiten bekomme? Ich will es mal so ausdruecken: nicht alles, was in den Gutachten steht, ist wissenschaftlich 100prozentig belegt ..." "Nein, nein, Stefan, mach dir keine Sorgen" beeilt sich der Abgeordnete zu sagen, "ich kann mir nicht vorstellen, dass die neue Regierung auf jahrelange Rechtsstreitigkeiten erpicht ist. Ausserdem kann dir niemand vorwerfen, dass du dich auf Gutachterempfehlungen verlassen hast. Natuerlich koennte es fuer deine Kollegen kritisch werden, falls ihnen wissenschaftliche Falschaussagen nachzuweisen sind." Mit einem leicht ironischen Unterton fuegt er hinzu: "Aber das wollen wir doch nicht hoffen!" "Nun ja, einige haben sich ziemlich weit aus dem Fenster gehaengt und befuerchten nun, dass sie belangt werden. Erst gestern bekam ich deswegen einen Anruf aus Muenchen", berichtet Jaeger knapp. "Aber - wie auch immer - ich denke wir muessen einfach abwarten, was auf uns zukommt." Da ihn die Schwierigkeiten seiner Kollegen nicht besonders bewegen, will er das Gespraech beenden und stattdessen einen Beamten aus dem Forschungsministerium anrufen, der sich in die neue Zeit gerettet hat und hoffentlich eine bessere Informationsquelle als der ehemalige Umweltminister ist. Doch kaum hat er aufgelegt, da klopft es leise an der Tuer. Altenbach, sein ehemaliger Doktorand und waehrend des Sommers zu Gast in Berlin, will ueber ein gemeinsames Projekt diskutieren. Der baertige, gehemmte und mathematisch versierte Mitdreissiger hat, wie Toepfer und Bergmann, vor etwa 10 Jahren bei Jaeger promoviert hat. Beim Sprechen macht er haeufige, unmotivierte Pausen, so als ob er bestaendig etwas zurueckhalte. Eigentlich geht er Jaeger mit seinem Gehabe auf die Nerven. Aber solange er fuer ihn die Arbeit macht, soll es ihm recht sein. Altenbach hofft natuerlich, durch die Zusammenarbeit seine Chancen auf eine der C3-Stellen zu erhoehen. Jaeger sagt ihm nicht direkt, wie gering seine Chancen sind, laesst es ihn aber durch sein Verhalten spueren. Die Diskussion dauert nicht lange, denn sie bezieht sich nur auf allgemeine Aspekte des geplanten Projekts. Die eigentliche Arbeit am Rechner wird Altenbach allein machen, da Jaeger die modernen Programmiermethoden nicht beherrscht. Der teure PC im Buero des Abteilungsleiters wird nur fuer E-mail und Textverarbeitung benutzt. "Ja", sagt Jaeger gerade zum zweiten Mal gedehnt und hofft, dass sein Mitarbeiter endlich verschwindet. "Eben faellt mir ein", stottert jener, "dass wir spaeter noch untersuchen koennten, welche Konsequenzen unser Ergebnis fuer Phoenix I hat. Das liesse sich eventuell in einem Bericht fuer den Boeck-Workshop unterbringen." Es kratzt leise an der Tuer. Herein tritt ein kleines frueh gealtertes Maennlein, emiritierter Ordinarius, der Jaeger vor vielen Jahren die Stelle am Berliner Institut verschafft hat. Thoma belegt ein kleines Buero am Ende des Flurs und schneit gelegentlich herein, um den woechentlichen Kolloquiumsvortrag zu hoeren oder seine Post zu lesen. Wissenschaftliche Diskussionen mit ihm fuehren ins Leere. Er hat die irritierende Angewohnheit, einen trockenen Grashalm aus dem Revers zu holen und ihn zwischen Daumen und Zeigefinger zu rollen. Er rollt ihn hin und her und versucht, sich mit Hilfe der Aehre auf den Kern einer Sache zu konzentrieren. Oft vergisst er dabei die Fragestellung und verliert sich in der kommenden Agonie des Alters. Jaeger's Gesichtsausdruck, Sprache und Koerperhaltung aendern sich schlagartig, sobald er Thoma's ansichtig wird. Beide Maenner begruessen sich so freundlich, als haetten sie sich lange nicht gesehen. Waehrend sie ueber das Symposium zu Thoma's 70. Geburtstag sprechen - ein Thema, das den alten Mann seit Wochen fast ausschliesslich beschaeftigt - ignorieren sie Altenbachs Anwesenheit voellig. Der verabschiedet sich nach kurzem, irritiertem Zoegern mit einer leichten Verbeugung und entweicht wie ein unsichtbarer Geist aus dem Zimmer. Nach dem Mittagessen, das sie mit Thoma eingenommen haben, stehen Toepfer und Jaeger unter dem Tuerrahmen zum Buero des Abteilungsleiters. Der Juengere hat den Vorgesetzten eben ueber die neuesten Entwicklungen in seinem Arbeitsgebiet informiert. Nun kommen sie auf die Besetzung der C3-Stellen zu sprechen. "Komm doch mal in mein Buero", fordert ihn Jaeger auf und schliesst die Tuer. Waehrend die uebrigen Wissenschaftler und Doktoranden teilweise zu zweit in winzigen Loechern arbeiten, ist das Buero des Professors ein mittelgrosser Raum und ganz in ocker, beige und braunen Toenen gehalten. Die breite Fensterfront bietet einen deprimierenden Ausblick auf die Spandauer Betonwueste. Jaeger fragt : "Bleibst du eigentlich bei deiner negativen Beurteilung von Bergmann? Falls ja, wuerde ich ihn von der Vorschlagsliste streichen. Ueberleg es dir noch mal. Immerhin wart ihr gute Freunde, als ihr zusammen bei mir promoviert habt." "Es bleibt bei meiner Einschaetzung", sagt Toepfer fest. Er ist mit Bergmann so zerstritten, dass er mit ihm auf keinen Fall Tuer an Tuer arbeiten will. "Sie hat mit unserem persoenlichen Verhaeltnis nichts zu tun, sondern beruht auf der objektiven Tatsache, dass er in den letzten Jahren keine wichtige Arbeit geschrieben hat." Jaeger ist ueber diese harte Aussage verwundert, oeffnet aber anstandslos die Akte und streicht den Kandidaten vor Toepfers Augen von der Berufungsliste. Die Blicke der beiden Maenner treffen sich wie in einer sexuellen Beruehrung. Sie vertrauen einander. Toepfer erklaert nun in seiner unnachahmlich sicheren und ruhigen Art: "Da du mich nach meiner Meinung fragst ... unter allen Namen auf der Liste scheint mir Ruehl der qualifizierteste. Wenn ich auf Konferenzen mit Kollegen ins Gespraech komme, hoere ich nur Gutes ueber ihn. Er ist zwar noch sehr jung, hat aber bereits eine grosse Zahl von interessanten Publikationen." Jaeger kennt Ruehl nicht persoenlich und sagt gerade: "Ich habe absolut nichts gegen ihn", als man lautes Lachen vom Gang hoert. Neusel ist angekommen. Er wird von Heilmann mit reichlich Kopf- und Haendeschuetteln und vielen freundlichen Worten enthusiastisch begruesst. Da sie auf demselben Gebiet arbeiten und sich oft auf Konferenzen treffen, kennen sie sich gut. Indem er eine Anekdote erzaehlt und die letzten Arbeiten seines Gegenuebers lobt, gelingt es Neusel ebenso geschickt wie Heilmann, seine Abneigung zu verbergen. Eigentlich ist beiden Maennern an einem guten Verhaeltnis zueinander gelegen, zumal sie damit rechnen, demnaechst am selben Ort zu arbeiten. Aufgrund ihrer unterschiedlichen Charaktere ueberwiegen jedoch die negativen Gefuehle. Der Berliner verabscheut alles Laute und Unnachgiebige, das er in Neusel verkoerpert sieht. Den Juengeren widerum stoert Heilmann' Undurchsichtigkeit, vor allem aber dessen Stellung in der Community als Meinungsfuehrer seines Spezialgebietes, die Neusel mit aller Macht einzunehmen trachtet. Jaeger und Toepfer begruessen ihn freundlich und mit einem Respekt, den er dem Stellenangebot vom ECO zu verdanken hat. Ohne diese Offerte waere er nur einer von vielen Bewerbern mit Post-Doc Status. So aber gehoert er bereits zum Kreis derer, die bis zur Emeritierung unangefochten am Subventionstropf der staatlichen Wissenschaftsfoerderung haengen werden. Neusel ist mit einer dunkelgrauen Hose, einem weissen Hemd und einem grauen Strickpullover, dessen Aermel er ueber der Brust verknotet hat, eher unauffaellig gekleidet. Ausser einigen Paradiesvoegeln, die in bunten Hosen oder Holzfaellerhemden daherkommen, herrschen unter Wissenschaftlern unauffaellige Farben vor. Schlipse sind aus der Mode und werden nur zu offiziellen Anlaessen getragen. Seine Rede ist gut vorbereitet und wird mit der Gelassenheit dessen vorgetragen, der seine Zukunft gesichert weiss. Sie unterscheidet sich damit wesentlich von den teils aggressiven Vortraegen, die er frueher gehalten hatte. Nach dem Referat stehen die Zuhoerer in kleinen Gruppen mit Neusel auf dem Podium zwischen Overhead Projektor und Leinwand. Waehrend die Meisten sich mit ihrem Urteil zurueckhalten, ist Jaeger von Neusels Darbietung begeistert und laesst offen erkennen, dass er ihn fuer den besten Kandidaten haelt. Ploetzlich nimmt ein Doktorand seinen Mut zusammen, loest sich aus einer Gruppe von Studenten und geht auf den Gast zu. Neusel tritt aus Hoeflichkeit mit ihm beiseite, waehrend die umstehenden Professoren den Studenten unwillig anstarren. Der grossgewachsene junge Mann mit dem schuetteren, straehnigen und etwas wirren Haar bezweifelt mit seiner Frage eine der Vortragsthesen. Erregt gestikulierend redet er auf den gedrungenen, untersetzten Neusel ein und beugt sich dabei so nah zu ihm herunter, dass sich fast ihre Nasen beruehren. Neusel laechelt wie eine Sphinx, sagt ein paar Worte und wendet sich dann von ihm ab. Kein Wunder. Bei wissenschaftlichen Diskussionen spiegelt sich die Hierarchie des Systems. Die meisten Fragen werden gewoehnlich von den Insitutsleitern gestellt, dann kommen die Professoren und schliesslich die Assistenten. Studenten machen sich fast nie bemerkbar. Einer, der sich vordraengt, wird nur dann positiv aufgenommen, wenn in seinen Fragen die Ehrfurcht vor den Herrschaftsstrukturen mitschwingt. Gegen 18 Uhr verabschiedet sich der Kandidat. Danach tritt die Berufungskommission zu einer Sitzung zusammen. Dies Gremium, das bei der Vergabe jeder Professorenstelle neu gebildet wird und aus etwa 10 Mitgliedern besteht, soll moeglichst objektiv den am besten geeigneten Kandidaten auswaehlen. Man ist dabei - Stichwort 'Freiheit der Wissenschaft' - an nur wenige formale Kriterien gebunden. Normalerweise werden, nach einer Vorauswahl, mehrere Kandidaten zum Vortrag eingeladen. Ueber drei von ihnen holt man spaeter bei auswaertigen Professoren Gutachten ein. Die Kommission ist in ihrer Entscheidung von den Empfehlungen der Gutachter aber nicht abhaengig. Der staerksten Persoenlichkeit im Gremium gelingt es daher oft, ihren Kandidaten durchzudruecken. Die Maenner, die die unterschiedlichsten Teildisziplinen der Physik an der TU, der FU und der Humboldtuniversitaet in Forschung und Lehre vertreten, versammeln sich im Seminarraum der Jaegerschen Abteilung. Eine Galerie frueherer Leiter der Berliner physikalischen Institute, Helmholtz, Nernst, Einstein usw, blickt von den Waenden auf sie herab. Nachdem die Vollzaehligkeit festgestellt ist, beginnt Jaeger, der weiss, dass die meisten Kollegen, die in ihren eigenen Abteilungen genug zu tun haben, die Sitzung so frueh wie moeglich beenden moechten, sofort mit der Diskussion der Kandidaten. Er lobt Neusel's Vortrag und wissenschaftliche Leistung in den hoechsten Toenen. Daraufhin gibt Heilmann seine beruehmte Feinsinnigkeit auf und benennt alle Vorbehalte. Es entspannt sich ein Wortgefecht, das in krassem Gegensatz zu der moderaten Tonwahl steht, die zwischen den beiden Ordinarien normalerweise angeschlagen wird. "Ich bin entschieden gegen Neusel", zischt Heilmann zornig. "Viele renommierte Kollegen, wie Vainstheyn, Sakarov, Boeck und Haehnlein, koennen genausowenig wie ich verstehen, dass er am ECO eine Stelle bekommen soll. Kuerzlich erst sprach ich mit Georgi, der eine sehr gute Meinung von Wagner hat, aber von Neusel ueberhaupt nichts haelt." "Es gibt mindestens ebensoviele, noch wichtigere Wissenschaftler, die Neusel das beste Zeugnis ausstellen", gibt Jaeger zurueck. "Er hat in den letzten Jahren lauter wirklich wichtige Arbeiten geschrieben. Ausserdem habe ich selten so einen souveraenen Vortrag wie heute gehoert." "Du kannst die Besetzung einer Stelle nicht von einem einzigen Vortrag abhaengig machen! Das ist doch laecherlich!" Aber mit diesen Worten befindet sich Heilmann im Grunde schon auf dem Rueckzug. "Wann hat denn der letzte Deutsche vom ECO ein Stellenangebot bekommen?" erwidert Jaeger grob. "Ganz gewiss niemand aus deiner Arbeitsgruppe. Eine Stelle am ECO, das ist an sich schon der Nachweis fuer eine ausserordentliche Qualifikation. Ich darf dich daran erinnern, dass die einzigen beiden Nobelpreistraeger, die wir in Europa auf dem Gebiet der Kernphysik haben, dort arbeiten und sich fuer Neusel entschieden haben." Nur wenige Professoren besitzen, wie Heilmann, eine wirklich eigene Meinung. Die Meisten orientieren sich, wie Jaeger, in ihrem Urteil am Hoerensagen, fremden Einschaetzungen und dem Status einer Person. Bei dem Wortwechsel, den sie mit Verwunderung verfolgen, halten sich die uebrigen Kommsissionsmitglieder zurueck. Obwohl die Mehrheit von ihnen Heilmann und Jaeger im Rang nicht nachsteht, koennen sie die Qualifikation der Kandidaten nur bedingt beurteilen, da sie aus anderen Fachrichtungen stammen. Sie werden zuletzt Jaeger's Argumenten folgen, auch wenn die Gutachten von Haehnlein und Boeck sich gegen Neusel aussprechen. Der Direktor findet naemlich drei andere Gutachter, die seinen Favoriten an die erste Stelle setzen. Im Hinblick auf die zweite C3-Stelle entscheidet man sich einvernehmlich fuer Ruehl. In beiden Faellen sieht man Wagner als Ersatzkandidaten vor. Etwa drei Monate spaeter bekommt Jaeger einen Anruf, der seine Meinung ueber Neusel ins Gegenteil verkehrt. In Berlin hat der Winter Einzug gehalten. Die Lokalzeitungen beschweren sich lautstark ueber verspaetete oeffentliche Verkehrsmittel und schlecht geraeumte Strassen. Besonders die Bundesbahn, die demnaechst ihre Preise erhoehen will, geraet ins Visier der Kritik. Jaeger, der mit seiner Familie in einer grossen Villa am Mueritzsee lebt, sitzt morgens in einem zugigen Abteil beim Anhalterbahnhof fest. Er hat das Haus und das Grundstueck vor 3 Jahren einem amerikanischen Kollegen abgekauft, dem es nach der 'Wende' als Erbe zugefallen war. Der Physiker, den er aus gemeinsamen Post-Doc Jahren am Los Alamos Labor kennt, hat ihm auf einer Konferenz in Malta erzaehlt, alle seine deutschen Verwandten seien von den Nazis ermordert worden und er habe keine Verwendung fuer das Erbe. Er freue sich, es an seinen Freund Stefan zu verkaufen. Da es sich um ein grosses Areal in herrlicher Lage handelt, das seit der Selbstauflosung der SED leer steht, hat Jaeger sofort zugesagt. Waehrend er sich ueber die Verspaetung aergert, schliesst er die Augen, um sich mit Bildern von seinem malerischen Besitz abzulenken. Grosse Kastanien stehen um die Villa herum und ein Steg fuehrt vom hinteren Ausgang direkt zum See ... Als der Ordinarius sein Buero gegen 10 Uhr endlich erreicht, teilt ihm Frau Bauer mit, dass Haehnlein bereits 3 mal angerufen habe. Jaeger aergert sich schon lange, ohne eigenes Vozimmer auskommen und sich mit Heilmann eine Sekretaerin teilen zu muessen. Diese Sparmassnahme der Berliner Universitaetsverwaltung ist in seinen Augen einmalig in Deutschland und ein Affromt gegen seine wissenschaftliche Bedeutsamkeit. Die Lage wird dadurch verschaerft, dass Frau Bauer in seinen Augen faul und ineffektiv ist und nur die noetigsten Pflichten erledigt. Ausserdem ist sie haeufig krank und wenig lernfaehig. Da sie als Angestellte im oeffentlichen Dienst quasi unkuendbar ist, haben sich Jaeger und Heilmann jedoch mit ihr arrangiert. Haehnlein erkundigt sich am Telefon zunaechst, ob tatsaechlich Neusel und Ruehl auf die beiden Stellen berufen werden sollen - eigentlich ueberfluessig, da er es laengst von Heilmann weiss. Dann fragt er bedeutungsvoll: "Hast du die neueste Ausgabe des SPIEGEL gelesen?" "Nein ... wieso?" antwortet Jaeger, wobei er das erste Wort verwundert und das zweite gelangweilt herausbringt. Wenn Wissenschaftler miteinander sprechen, spielt das Tagesgeschehen selten eine Rolle, so dass er ueber Haehnlein's Frage ehrlich erstaunt ist. Im Zusammenhang mit Neusel haette er eher die Information erwartet, ob die Entscheidung in Heidelberg schon gefallen sei. Auch dort naemlich soll Neusel auf einem der vorderen Plaetze liegen. Stattdessen hoert er: "Das solltest du unbedingt tun; da steht ein sehr kritischer Artikel ueber unser Arbeitsgebiet." Dann verfaellt Haehnlein in ein erregtes Stakkato. Der SPIEGEL zitiere aus einem unveroeffentlichten Untersuchungsbericht der DFG, in dem die Arbeiten von Neusel und Wagner als gefaelscht bezeichnet wuerden. Die DFG habe offenbar mehrere auslaendische Wissenschaftler mit einer Begutachtung beauftragt, ohne jemanden in Deutschland einzuweihen. Die Gutachter seien einhellig der Meinung, dass vor allem gegen Neusel entschieden vorgegangen werden muesse. Eben habe der Generaldirektor des ECO angerufen. Er beabsichtige, das Anbebot an Neusel zurueckzuziehen. Auf die Frage, was mit Wagner geschehen werde, habe er, Haehnlein, keine rechte Antwort gewusst, und dann gesagt, dass ein Disziplinarverfahren angestrebt werde. Dies habe er geaeussert, obwohl er keineswegs sicher sei, wie man in solchen Faellen zu verfahren habe. Er werde bei der Universitaetsleitung nachfragen, die er ohnehin informieren muesse. Er habe Wagner, der im uebrigen alles abstreite, schon darauf vorbereitet, dass er eventuell seine Stelle verlieren werde. Aber das sei nichts gegen den Schaden, den die beiden Beschuldigten dem Fachgebiet zugefuegt haetten. Der SPIEGEL schliesse in seinem Artikel von Neusel auf die gesamte Zunft. Es sei ein sehr negativer ***Artikel, und man wisse ja, dass von solchen Anwuerfen immer etwas haengen bleibe. Er befuerchte weitere massive Kuerzungen bei den Forschungsmitteln fuer die Atomphysik. Kein Politiker sei bereit, Gelder fuer schlecht beleumundete Wissenschaft zu genehmigen. Jaeger hat diesem atemlosen Sermon unglaeubig gelauscht, fasst sich aber rasch und erwidert zurueckhaltend, falls das wahr sei, werde die Berliner Berufungskommission ihre Entscheidung noch einmal ueberdenken. Alles andere werde sich finden. Man muesse klarmachen, dass es sich um Einzelfaelle handele. Er habe neuerdings gute Kontakte zu den Entscheidungstraegern im Forschungsministerium, die umzudenken begaennen. Das lasse ihn optimistischer in die Zukunft blicken als noch vor einigen Monaten. Sofort nach dem Gespraech mit Haehnlein leitet er die Revision der Kommissionsentscheidung in die Wege. Erst ungefaehr 2 Wochen spaeter - nachdem das Berufungsgremium und der Fachbereich Physik seinem Wunsch eilig entsprochen haben - ruft er Neusel am ECO an. Er moechte wissen, wie der Geschasste auf die Auskunft reagiert. "Ich weiss nicht, was Sie sich dabei gedacht haben, Herr Neusel?" klagt er ihn an. "Es muss ihnen doch klar gewesen sein, dass ihr Betrug irgendwann herauskommt!" Schliesslich erklaert er distanziert: "Bei uns in Berlin jedenfalls haben Betrueger und Faelscher keine Chance." Neusel umgibt in diesen Tagen eine eigentuemliche Stille. Das aggressive Auftreten und die psychische Staerke sind von ihm abgeglitten, wie Luft, die aus einem Reifen entweicht. Er wirkt hilflos wie ein Blatt, das vom Baum faellt und der Willkuer der Winde ausgesetzt ist. Anders als Wagner leugnet er nicht und sagt nur gepresst, dass er mit Jaegers Entscheidung gerechnet habe. Man spuert, er will das Gespraech so schnell als moeglich beenden. Neusel braucht jedoch nicht lange, um sich zu fangen. Nach einem Jahr ist er ganz der Alte. Er wird sich sich bei einer grossen Autofabrik bewerben und nach zwei Bewerbungsgespraechen ins Managertrainingsprogramm aufgenommen werden. Sein wissenschaftlicher Fehltritt wird vergessen sein. Auch in Berlin schreitet die Zeit voran. Die C3-Stelle, die Neusel zugedacht war, ist unbesetzt geblieben. Ruehl hat das Berliner Angebot angenommen und ist in die Hauptstadt gezogen. An seine neue Position und ihre Vorteile - Zugang zu Foerdermitteln, Einladungen zu Konferenzen usw - gewoehnt er sich rasch. Er legt sein frueheres, vorsichtiges Verhalten gegenueber Gleichaltrigen ab und ersetzt es durch einen Hauch von Herablassung. Er hat eine grosse Karriere vor sich, da er den Sprung auf eine permanente Stelle geschafft hat. In einigen Jahren wird er sich als Ordinarius an einer alten Universitaet in seiner badischen Heimat endgueltig niederlassen. Wie in Hamburg uebernimmt er auch in Berlin die Ausrichtung des Kolloqiums. Dabei kommt es zu Auseinandersetzungen mit Frau Bauer, als er sie auffordert, vor den Vortraegen Getraenke bereitzustellen. Die Sekretaerin weigert sich, indem sie sich auf Gewohnheitsrecht beruft: "Das haben die Organisatoren des Kolloqiums bisher immer selbst uebernommen." "Ich habe nicht 5 Jahre studiert und 2 Jahre promoviert, um hier Tee und Kaffee zu kochen", antwortet Ruehl ungehalten. Der Konflikt loest sich erst dadurch, dass Jaeger den umgaenglichen Hausmeister dazu vergattert, fuer die Getraenke zu sorgen. Nachdem sich der Sturm um die manipulierten Arbeiten gelegt hat, tritt Heilmann eines Tages laechelnd in Jaeger's Buero und sagt: "Ich moechte mit dir ueber die offene C3-Stelle sprechen. Wir haben damals gesagt, dass wir die Beratungen aussetzen, und seither das Thema nicht mehr angeschnitten, aber ich finde, dass jetzt Zeit genug verstrichen ist, um wieder darauf zurueckzukommen." Etwas ungeduldig erwidert Jaeger: "Es hat sich doch seither nicht viel auf dem Markt der Kandidaten getan. Wenn wir jetzt anfangen, muessen wir ueber Personen debattieren, die wir schon einmal als ungeeignet verworfen haben." Da draengt ihn Heilmann: "Ich habe gehoert, dass der Senat alle Stellen, die laenger als ein Jahr unbesetzt sind, streichen will. Daher sollten wir uns nicht zu lange Zeit lassen." Als Jaeger schweigt, faehrt er fort: "Ich moechte dir auch etwas zum Kandidaten Wagner sagen. Georgi und seine Kollegen haben in ihrem Gutachen fuer die DFG deutlich gemacht, dass er die Taeuschung nicht begangen haben kann, da er sich mit diesen Fragen, die die Spezialitaet von Neusel waren, nie beschaeftigt hat. Wir sollten die Amerikaner insoweit ernst nehmen und diesen Komplex bei der Bewertung seiner Qualifikation ausschliessen, und ..." "... und da wir ihn in der Bewerberliste an die zweite Stelle gesetzt hatten, sollten wir ihn nun anstelle von Neusel berufen", faellt ihm Jaeger ironisch ins Wort. Dann fragt er voller Zweifel: "Haeltst du es fuer eine gute Idee, dem Autor getuerkter Arbeiten eine Stelle anzubieten?" "Wagner's Karriere in der Kernphysik sollte nicht darunter leiden, was ihm ein Kollege angetan hat", sagt Heilmann beschwoerend. "Ich kenne Wolfgang seit Jahren und weiss von anderen Gelegenheiten, wie qualifiziert und innovativ seine Forschungsbeitraege sind. Ausserdem haelt er sehr gute Vortraege und wuerde einen ausgezeichneten Hochschullehrer abgeben. Viele Kollegen, mit denen ich in der letzten Zeit gesprochen habe, sind uebrigens meiner Meinung. Die Community erwartet geradezu, dass Wagner rehabilitiert wird." Jaeger, durch seine Fehleinschaetzung Neusels noch immer verunsichert, hat dem nicht viel entgegen zu setzen. Es ist abend in Strassburg. Die Sonne ist schon vor Stunden hinter dem Dom untergegangen. Altenbach wohnt im 3. Stock eines Mietshauses in der Bechergasse, da, wo sie zum Nackenberg hin scharf ansteigt. Er liegt im Bett und wartet auf den Schlaf. Sein Vertrag laeuft in 5 Monaten aus. "Was soll ich bloss machen?" denkt er, und Depressionen ueberfallen ihn wie ein Wolfsrudel. Gewiss, er kennt einige Professoren, die ihm vielleicht zu einem befristeten Anschlussvertrag verhelfen koennten. Aber niemand will ihn fuer ganz. Das Grunduebel besteht darin, dass es viel zu wenig permanente Stellen gibt. Die wenigen freien Dienstposten werden von Kandidaten mit dem 'richtigen' Sozialverhalten besetzt. Wer leer ausgeht, hat nicht nur mit materiellen, sondern auch mit psychologischen Nachteilen zu kaempfen. Der ganze Wissenschaftsbetrieb ist ein sozialdarwinistisches System, voller sinnloser Rituale, in dem die eigentliche Forschung wenig zaehlt. Demnaechst heisst es wieder: umziehen, zum vierten oder fuenften Mal in seiner 'Karriere'. Er waelzt sich im Bett auf die andere Seite, blinzelt und sieht den schwarzen, flachen Schatten seines Koerpers im fahlen Licht einer Strassenlaterne, das ins Schlafzimmer faellt. Er ist die Rolle des Bittstellers so leid. Je aelter er wird, desto peinlicher ist es, um den Almosen einer Post-Doc Stelle zu bitten. Bei Nachdenken ueber seine trostlose Zukunft laeuft es ihm kalt ueber den Ruecken. In Brust und Brauch verkrampfen sich die Nerven zu einer Melange aus Verzweiflung, Muedigkeit und Schicksalsergebenheit. Er zwingt seinen Geist in andere Bahnen und zaehlt. 99, 98, 97, 96 ... Die Zahlen springen vor seinem inneren Auge wie in einem Spielautomaten. Bei '87' kehren die Sorgen zurueck. Was sind seine Alternativen? Wenn er hinwirft, hat er die Arbeit vieler Jahre verloren. Na ja, nicht richtig verloren, seine Artikel existieren weiter, die kann ihm niemand nehmen. "In der Wirtschaft", denkt er, "kommt es alle Tage vor, dass Menschen ihren Beruf wechseln muessen oder keine Arbeit finden, die ihrer Ausbildung entspricht." Und gruebelt: "Letztendlich reduziert sich alles auf die Frage des Geldes. Erfolgsmenschen wie Jaeger oder Heilmann werden leicht das doppelte Lebenseinkommen wie ich haben." Dann: "Wenn ich auf Reichtum aus waere, haette ich Zahnarzt oder Baunternehmer werden muessen." Ein Kollege kommt ihm in den Sinn, der fast 60 ist und sich immer noch mit Vertretungen und kleinen Forschungsauftraegen ueber Wasser haelt. Altenbach schaudert. Indem er sich auf die linke Seite zurueckdreht, faengt er neu zu zaehlen an, 99, 98, 97, 96, und waehrend er immer schneller und verbissener zaehlt, steigt sein Blutdruck. Sein Herz rast. Ihm ist schwindlig und zu warm unter der Bettdecke. "So wird das nie was mit dem Einschlafen", denkt er und setzt sich aufrecht hin, mit dem Kissen im Ruecken. "Das Wichtigste ist meine Gesundheit, alles Andere ist doch egal, irgendwie werde ich mich schon durchschlagen, in Deutschland ist noch keiner verhungert." Trotzdem kreisen seine Gedanken unentwegt weiter um die berufliche Zukunft, wie Strom in einem supraleitenden Magneten. Gestern hat Jaeger angerufen und ihm von einer Moeglichkeit in Rom erzaehlt. "Ein halbes Jahr Rom, das waere doch was", hat er gesagt. Boeck hat vorgeschlagen, er solle sich fuer ein Stipendium in den USA bewerben. Altenbach erwaegt das Fuer und Wider dieser Moeglichkeiten und verliert dabei die Schlacht um den Schlaf. Im Morgengrauen daemmert er ein. Als er um 7 kurz wach wird, denkt er: "Sowieso alles egal" und schlaeft bis 10 Uhr durch. Er faehrt nicht ins Institut. Er sagt sich: "Dort fragt sowieso keiner nach mir! Die Meisten waeren froh, wenn ich mich in Luft aufloesen wuerde." Er setzt sich daheim an den Schreibtisch und geht seiner Lieblingsbeschaeftigung nach: stundenlang ueber ungeloesten physikalischen Raetseln zu brueten, meist ohne Ergebnis und am Ende mit mehr Fragen als Antworten. Aber er liebt es, sich Zeit dafuer zu nehmen. Bei seiner taeglichen Forschungsarbeit kommt er viel zu selten dazu. Heute nimmt er sich ein grundlegendes Problem vor, ueber das er sich schon oft den Kopf zerbrochen hat: die tiefere Ordnung der Elementarteilchen. Beim Nachdenken ueberkommen ihn Ruhe und Gelassenheit derer, die ohne Hoffnung sind. Er sucht in seinen mathematischen Lehrbuechern nach Ordnungsstrukturen. Schliesslich kommt er zu der Erkenntnis, dass die 24 elementaren Teilchen der subatomaren Physik sich mit der Permutationsgruppe S4 wie an einer Perlenschnur anordnen lassen. Unter die Bemerkung "Foi Tdjiotti cmiocv onnis hmiodo - pas foi Gmoihip xiyimp!" schreibt er die Formel "E{S_4[SU(2)_LxU(1)_Y]}=-" und beschaeftigt sich den ganzen Tag mit ihren Konsequenzen. Als der Abend kommt, ist er zufrieden und allen Sorgen entrueckt. Er schlaeft schnell ein. Am naechsten Tag jedoch ist die Verzweiflung zurueck. Die Wochen gehen dahin. Nichts aendert sich ausser der Zeit, die ihm unter den Naegeln brennt ...